Monatsrückblick – Juni 2022 – Mittsommerfreuden

Romy Pfyl Schatten und auf einem Tuch liegende Riesenzwiebeln

Der Juni führt uns in die Mitte des Jahres. Krieg, Krankheit und Katastrophen ziehen ihre Spuren und manchmal kommt mein Hirn ins Stolpern. Auch die Beine wollen gelegentlich nicht mehr so recht und versagen teilweise ihren Dienst. Begleitet vom schönen Klang des Wortes Juni gönne ich mir Aufbauendes und Nährendes. Ich lasse mich von der Natur bewegen und leiten und realisiere einmal mehr, wie sehr mir die Kunst Quelle und Nahrung ist.

NATUR ERLEBEN

Bienenfresser

Gefragt nach meinen Plänen und Wünschen für den heurigen Sommer, sind sie mir als erstes eingefallen, die Bienenfresser. Unglaublich schöne, bunte Vögel sind das, amselgroß. Sie zu beobachten, gehört zu meinen Sommervergnügungen. Jedes Jahr fliegen sie von Afrika zu uns ins Weinviertel und brüten in den Lösswänden. Vor ein paar Jahren entdeckte ich sie während einer Wanderung in einem Hohlweg. Seitdem fahre ich jedes Jahr zur Zeit der reifenden Kirschen gemeinsam mit einer Freundin dorthin.

Als erstes erreicht uns ihr klangvoller und fröhlicher Gesang. Bald sehen wir die ersten Bienenfresser in akrobatischer Leichtigkeit über den Himmel gleiten. Als wunderbare Windkünstler erscheinen sie mir und ihr buntes Federkleid ist einmalig schön. Ich versinke in andächtiges Staunen.
Eigentlich sind sie ja unglaublich intensiv am Arbeiten. Im August schon fliegen sie wieder nach Afrika zurück und bis dahin will ihre Brut gefüttert und großgezogen sein.
Wenn ich ihnen zuschaue, habe ich das Gefühl, dass sie spielen. Sie lassen sich mit dem Wind treiben und tanzen ihr eigenes Vogelballett.

Bienenfresser ein unglaublich bunter Vogel
Am Beginn des Hohlweges hängt ein altes Plakat, auf dem man die Bienenfresser aus unerreichbarer Nähe bewundern kann.

Projekt hängender Wassergarten

Angefangen hat das ganze Projekt nicht lustig. Krieg in der Ukraine. Auch in Österreich wird jetzt empfohlen, sich einen Notvorrat anzulegen. Also transportiere ich mit meinem Radel bei jedem Einkauf ein Sechserpack Mineralwasser nach Hause. Und zum Trost über die schwierige Weltlage genehmige ich mir ein Flascherl Wasser nach dem anderen. Dieses Mineralwasser schmeckt mir plötzlich sehr gut. Normalerweise würde ich sowas nie kaufen. So stapeln sich bei mir nach und nach leere PET Flaschen.

Sehr spät siedle ich heuer meine Cyperus Pflanze aus dem Winterquartier zum Teichrand um. Weil sie viel zu groß geworden ist, schneide ich sie zurück. Mit den kleinen Blatt-Schirmchen möchte ich sie weitervermehren. Die angewachsenen jungen Pflänzchen plane ich, im Oktober, bei den Tagen der offenen Ateliers, interessierten Besucher*innen als Giveaway mitzugeben.

Die Schirmchen legt man einfach umgedreht ins Wasser. Dort machen sie bald Wurzeln und treiben aus. Auf der Suche nach passenden Gefäßen für meine sechsundzwanzig Cyperusblätter fallen mir die leeren Wasserflaschen ein. Ich zerschneide sie mittig, mache drei Löcher in die Seitenwand und hänge sie auf einen Ständer, der von meiner letzten Ausstellung im Schloss Wolkersdorf übrig geblieben ist. Für die Wasserreinigung gebe ich noch Wasserlinsen dazu und fertig ist mein hängender Wassergarten.

Und oh Wunder, in jedem Becher beginnt es zu wachsen und gedeihen. Das Wasser bleibt klar. Bald tauchen kleine Wasserschnecken auf, die mit den Wasserlinsen eingewandert sind und glücklicherweise überlebt haben. Mit meiner Lupe beobachte ich täglich die sich entfaltende kleine Welt und freue mich über jede neue Wurzel, über die kleinen süßen Schnecken und jeden neu austreibenden Trieb.

Hängender Wassergarten
Mein hängender Wassergarten: PET Flaschen, Wasser, Cyperus Schirmchen und Wasserlinsen.

Roter Mohn, Zuckerhut, Augenfreuden und eine Blumenuhr

Auf einer abendlichen Spazierrunde entdecke ich eines Tages ein riesiges Feld mit rotem Klatschmohn, fein zart, knittrige und doch unglaublich starke Blumenschönheiten.
Ich frage mich, wer und wozu wohl jemand ein ganzes Feld davon anlegt. „Pour le plaisir des yeux“, fällt mir ein, zur Augenfreude. Wie oft hörte ich das als junge Frau während einer Reise durch Marokko. Und wer weiß, vielleicht gibt es auch hier im Weinviertel Menschen, denen dieses Augenvergnügen viel wert ist.

Klatschmohn

Beim frühmorgendlichen Gang durch meinen Garten wartet eine wunderschöne Überraschung auf mich. Eine Salatpflanze, ein Zuckerhut, der den letzten Winter überlebt und unterdessen zwei Meter hoch aufgeschossen ist, begrüßt mich mit zartblauen, bezaubernd schönen Blüten. Auch die Wildbienen haben sichtlich ihre große Freude an diesem prachtvollen Segen. Mittags ist der Zauber dann schon wieder vorbei.

Zuckerhut

Diese Pflanze ist eine Frühmorgenblüherin. Sie wäre eine tolle Kandidatin für eine Blumenuhr.
Jede Pflanze hat ihren eigenen Biorhythmus und blüht zu einer bestimmten Zeit. Der schwedische Pflanzenforscher Carl von Linné beobachtete 70 Blühpflanzen und stellte fest, dass sie während ihrer ganzen Vegetationszeit immer zur gleichen Tages- oder Nachtzeit blühen. Für seine Blumenuhr legte er ein kreisförmiges Gartenbeet an, unterteilte es in zwölf kuchenartige Stücke und pflanzte ins erste Kuchenstück verschiedenste Pflanzen, die alle um ein Uhr blühen, ins Zweite die, welche um zwei Uhr blühen usw.
Angeblich konnte er nur mit der Hilfe dieser Blumenuhr seinen Fünfuhrtee, sehr zur Verblüffung seiner Gäste, pünktlichst starten lassen.

BEGEGNUNGEN

Cyanotypie Workshop

Was für eine Freude, mit sechs interessierten, engagierten und hoch motivierten Teilnehmerinnen nach zwei Jahren Coronapause in meinem floramiraculo ArtLabor wieder einen Tages-Workshop durchzuführen. Auch das Wetter meinte es gut mit uns an diesem 11. Juni und verwöhnte uns mit strahlendem Sonnenschein. Ein perfektes Cyanotypiewetter also zum Start in diese blaue Wunderwelt.
Und immer wieder staune ich über die verschiedenen Varianten, die sich durch eine begeistert experimentierende Gruppe eröffnen. So lerne ich bei jedem Kurs Neues. Es ist einfach fein zu erleben, welch spannend individuellen Gestaltungsmöglichkeiten sich durch die Technik der Cyanotypie auftun, wie die Selbstsicherheit wächst und die Teilnehmerinnen voller Stolz über Geschafftes und Geschaffenes immer mehr ins Strahlen kommen.


NÄCHSTER CYANOTYPIE-WORKSHOP
Samstag, den 10 September von 10 – 17 Uhr
Euro 100.- exkl. Materialien
floramiraculo ArtLabor, Hauptstasse 146, A-2120 Obersdorf
Information und Anmeldung: romy.pfyl@gmail.com

Freude und Stolz über Gelungenes

Werkstatt-Tag

Mitte Juni fand ein drei Generationen Werkstatt-Tag in meinem floramiraculo ArtLabor statt, (Mutter, Schwiegermutter und Tochter). Es entstehen wunderschöne Werke, die zu Hause und im am Arbeitsplatz ein Stück Natur in den Raum bringen werden.
Wer Grundkenntnisse im Cyanotypieren hat, kann bei mir einen Werkstatt-Tag buchen. Dafür stelle ich die benötigte Infrastruktur her, bereite präparierte Stoffe oder Papier in individuell gewünschten Größen vor und begleite bei den geplanten Projekten.


WERKSTATT-TAG
Information und Anmeldung: romy.pfyl@gmail.com

Cyanotypien vorbereiten

Kerstin mein Berliner Schreibbuddy besucht mich

Seit Januar lerne ich das Bloggen in einem Jahreskurs bei Judith Sympatexter Peters. Kerstin Salvador ist mein Buddy und wir tauschen uns wöchentlich per Zoom über unsere Projekte aus. Ich habe das Gefühl, sie schon lange und gut zu kennen. Jetzt freue ich mich ganz besonders, auf unsere persönliche Begegnung. Sie verlegt für zwei Wochen ihr Sommerbüro in meinen Garten und pflegt Pflanzen und Tiere während meiner Abwesenheit. Die ersten zwei Tage bloggen wir gemeinsam, kochen, radeln und machen abendliche Spaziergänge. Kerstin ist meine erste Übernachtungs-Gästin seit Beginn der Coronazeit und ich genieße das gemeinsame Arbeiten und den produktiven Austausch sehr.

Romy Pfyl und Kerstin Salvador im Sommerbüro
Im Sommerbüro, mit Kerstin Salvador

Sommerwendfest in der Steiermark

Während Kerstin Zuhause nach dem Rechten sieht, besuche ich meine Freundin Theresia in der Steiermark, in ihrem Bauernhofparadies. Gleich zu Beginn gibt es ein großes Sonnwendfest. Alte, seit langer Zeit nicht gesehene Wiener Freunde sind auch dabei. Es wird geplaudert und geschmaust, später ein riesig großes Sonnwendfeuer angezündet und noch viel später nach Herzenslust getanzt. Zwei Tage lang feinstes Zusammensein, innige Gespräche und miteinander Tun, Schwimmen im Pool und Cocktails schlürfen, sich durch den Tag treiben lassen und einfach genießen.

Sonnwendfeuer auf der Schafweide

KUNST ALS QUELLE UND NAHRUNG

Morgenseiten

Die Idee, wieder Morgenseiten zu schreiben, war plötzlich da. Aufstehen und als Erstes drei Seiten vollschreiben. Der Intuition folgen ohne Plan, Regeln oder Kritik. Was mir früher sehr leicht gefallen ist, braucht jetzt einen längeren Anlauf. Einfach schreiben, ohne auf Orthografie, Logik, inneren Zusammenhang, roten Faden, Stimmigkeit oder was auch immer zu achten, jeden Blödsinn aufzuschreiben (ohne ihn blöd zu finden), fordert mich gerade ziemlich heraus. Nach einem Gespräch mit Kerstin kommt es ins Fließen. Es ist, als ob ein Damm gebrochen wäre. Ich schreibe und staune, staune, was da so alles kommt. Nach dem Schreiben lege ich die Morgenseiten weg und lese sie nicht. Trotzdem begleiten mich die aufgetauchten Gedanken durch den Tag, geben lange Verdrängtem Raum und machen mir große Lust, mich kreativ auszudrücken.

Morgenseiten schreiben
Im Sommer schlafe ich auf der Terrasse und schreibe die Morgenseiten im Bett sitzend, mit Blick auf meinen hängenden Wassergarten, die frisch knospenden Taglilien und die aufgehende Sonne.

Ausstellungseinladungen

AUFWACHEN
Angela Olbrich, Kuratorin der Ausstellung AUFWACHEN, fragt an, ob ich mit meinen Cyanotypien bei ihrer Ausstellung dabei sein möchte. Sie kennt mich von meinem Online Cyanotypie Kurs und schätzt meine Arbeiten sehr. Bei der Ausstellung geht es um Wandel, Mut machen, Visionen und ein neues Miteinander. Die Themen sprechen mich an, gerne bin ich dabei und ich freue mich darauf, Angela endlich auch persönlich kennenzulernen. Ich mache ein paar Bild-Vorschläge. Angela und die zweite Kuratorin der Ausstellung, Adisa Czeczelich verlieben sich gleich in die Arbeiten und Texte meiner Serie „Gespräche mit dem Japanknöterich.“ Vier dieser Arbeiten werde ich also bei der Ausstellung AUFWACHEN in der Galerie am Park in Wien, vom 12. bis zum 17. Juli 2022 ausstellen.

Ausstellungsplakat „Aufwachen“

FOTOAUSSTELLUNG IM MAMUZ
Mit der Cyanotypie „Winterliche Wiesenschönheiten“ werde ich bei der Ausstellung „Verborgenes Mistelbach – Jugend-Kultur-Natur“ dabei sein. Die Eröffnung findet am 29. Juli 2022 um 19 Uhr in der M-Zone statt. Die Ausstellung dauert bis zum 28. August und ist von Dienstag bis Sonntag jeweils von 10-17 Uhr geöffnet.
MAMUZ Museum Mistelbach, Waldstrasse 44-46, A-2130 Mistelbach

Bewegen, bewegt.

Die Katzenminze in meinem Vorgarten wuchert und überwächst schon ein Drittel des Gehsteiges. Schneiden ist also angesagt und weil ich die fein duftenden Zweige nicht einfach so entsorgen möchte und weil ich ermutigt durch die Ausstellungseinladungen und inspiriert durch die Morgenseiten voller neuer Ideen bin, entsteht eine Serie von drei großflächigen Cyanotypien. Der Arbeitstitel ist: Bewegen, bewegt. Die Natur bewegt mich und ich möchte gerne andere damit bewegen. Von der Natur können wir alles was für ein neues und kooperatives Miteinander nötig ist, lernen.

Katzenminze
Die Katzenminze überwuchert den Gehsteig und inspiriert mich zu einer Serie von drei großflächigen neuen Arbeiten.

Cyanotypieferien in der Steiermark

Während Kerstin in meinem kleinen Haus im Weinviertel wohnt, genieße ich eine schöne Zeit bei Theresia in der Steiermark. Hier kann ich unabgelenkt cyanotypieren und arbeiten, jeden Tag mehrmals im Pool schwimmen, mich mit dem Hund auf Pflanzensuche begeben und mich von den Ergebnissen meiner Experimente mit der nassen Cyanotypie überraschen lassen. Im Garten wachsen wunderprächtige Pflanzen, ein Rausch von Farben Formen und Düften. Entspannte Tage, losgelöst von Alltagspflichten, einfach sein und tun. Wie gut das tut … Natur und Kunst und Kraft tanken.

Theresias Blumen und Gemüsegarten
Theresias Garten, ein Blumenparadies mit duftenden Kräutern, knackigen Salaten, köstlichen ersten Paprikas und Paradeisern bescheren mir Tage mit kulinarischem Hochgenuss.

Es hat mir Freude gemacht, diesen Monat rückblickend zu erforschen. Das Eigentliche, das Wesentliche liegt im Moment und ist unbelastet von den Umständen. Krieg, Krankheit und Katastrophen sind ein Rauschen im Weltgeschehen. Das Glück liegt im Augenblick.

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