„Die Natur ist meine Influencerin“ – meine Claim-Story

Romy Pfyl Grasgespräche
Romy Pfyl, „Grasgespräche“ 2002, Foto: Andrea Metzler

Ein Claim drückt in einem kurzen Satz eine Haltung aus, wer ich bin, wofür ich stehe und wozu ich mich bekenne.
Meine Tätigkeit als Künstlerin und Naturvermittlerin ist meine Profession. Dahinter steht Leidenschaft, Berufung, die Liebe zum Tun und ein langjähriges intensives Forschen und Lernen.
„Die Natur ist meine Influencerin“ bringt zum Ausdruck, dass die Natur meine eigentliche Lehrmeisterin ist und dass ich ihr alles verdanke, was ich heute bin.

Influencerin

Schon längere Zeit hatte ich mich gedanklich mit meinem Claim beschäftigt. Ein Claim-Workshop in der Content-Society hat mich dem Sinn und Inhalt eines Claims dann deutlich näher gebracht. Und plötzlich war er da, mein Claim. Er ist mir sozusagen zugeflogen: „Die Natur ist meine Influencerin“.
Ausgerechnet Influencerin, ein Wort, aus einem umstrittenen Umfeld, mit einem eher schlechten Ruf. Als Influenza bezeichnete man im mittelalterlichen Italien Krankheiten, die vermeintlich von der Konstellation der Sterne verursacht wurden. Später kam dann die Beeinflussung durch die Kälte hinzu und es wurde unsere Grippe daraus. In den sozialen Medien sind Influencer*innen Menschen, die durch ihre gute Reputation und ihren Bekanntheitsgrad viele Menschen erreichen und damit einen gewissen Einfluss haben. Im Wort Influencerin ist auch fließen, hineinfließen enthalten. Mir gefällt das Wort Influencerin in meinem Claim, weil es einen starken, aber auch subtilen Einfluss zum Ausdruck bringt. Für mich ist der Einfluss der Natur die Quelle meiner Kunst.

Natur als Refugium

Unser Blick auf die Kindheit wird oft wie durch einen Schleier verklärt. Dabei wird manchmal vergessen, wie schwierig der Start in ein Menschenleben sein kann. Die Natur war mir eine frühe Trösterin und Begleiterin in vielen Lebenslagen. Meine Mutter erzählte, dass ich kaum, dass ich Laufen konnte, schon davongelaufen sei. Ich verschwand in den hohen Wiesen und entdeckte als kleine Zwergin mein Traumland. Später kletterte ich auf Bäume oder ich saß stundenlang sinnierend an einer aus dem Moos sprudelnden Quelle, meinem Lieblingsplatz im Wald.

Naturforscherin

Zeichnen und Naturkunde waren in der Schule meine Lieblingsfächer. Zeichnend erforschte ich die Natur. Sie war mein großes Vorbild und ich wollte alles von ihr lernen. Als ich zehn Jahre alt war, träumte ich davon, Rosenzüchterin zu werden. Ich stellte es mir wunderschön vor, neue Rosensorten mit leuchtenden Farben und speziellen Mustern zu entwickeln. Als ich einmal zu Hause für die Schule eine Zeichnung von Schneewittchen machte, gestaltete ich gemeinsam mit meiner Mutter das Kleid mit frisch aufgeklebten, schuppenförmig angelegten Rosenblättern.

Künstlerin

Meine Mutter und auch meine Tante nannten mich oft eine Künstlerin. Dabei schwang in ihrem Ton mit, dass ich ein wenig anders und eher schwer zu verstehen sei. Das hielt mich nicht davon ab, schon früh heimlich davon zu träumen, eine Künstlerin zu werden. Einmal sah ich einem Landschaftsmaler beim Malen zu. Seine Palette, die Farben, das Wunder ein Bild entstehen zu sehen, ich war begeistert. Es dauerte dann allerdings ziemlich lange, bis ich doch noch Künstlerin wurde. Wie mir die Unterwelt dabei half, eine Künstlerin zu werden, habe ich in einem anderen Blogartikel beschrieben:

Versöhnung von Mensch und Natur

Kürzlich schrieb der Autor und Journalist Ernst Schmiederer in einem Artikel über mich, dass ich mit meinen botanischen Sonnendrucken an der Versöhnung von Mensch und Natur arbeite. Damit bringt er ziemlich genau auf den Punkt, was ich mit meinem Claim aussagen möchte: Ich bin von der Natur beeinflusst, wir Menschen sind Natur, nicht Herrscher, nicht höher, nicht besser, und auch kein (getrennter)Teil davon. Wir haben das vielfach vergessen und uns gedanklich von der Natur getrennt. Damit haben wir unser Leben schwierig gemacht.

Cyanotypien in der Werkstatt
Oktober 2022, alles ist vorbereitet für die Tage der offenen Ateliers in meinem Floramiraculo Artlabor

Netz der Verbundenheit

Du fragst dich jetzt vielleicht, warum ich ausgerechnet einen Begriff aus der Onlinewelt gewählt habe, um das alles in meinem Claim auszudrücken? In der Natur ist alles mit allem verbunden, ist alles miteinander vernetzt. Dieses Netz bildet sich auch in der Onlinewelt ab. In Zeit der Isolation, welche die Pandemie mit sich gebracht hat, habe ich begonnen, mit meinem Tun mehr und mehr online zu gehen. Ich staunte sehr über die vielfältigen Möglichkeiten, die sich damit für mich eröffneten. Und es überraschte mich zu erleben, wie online ein tiefer Austausch möglich ist, sich Freundschaften entwickeln und auch das Lernen sich potenzieren kann.

Was wollen wir?

Ich weiß: Vieles in der Onlinewelt hat einen schlechten Ruf. Vielleicht haben wir auch da etwas vergessen. Für mich sind Computer, Handy, Tablett und soziale Medien lediglich Werkzeuge mit vielen Möglichkeiten. Was wir damit machen und wohin unsere Reise geht, entscheiden wir selber.

Lichtobjekt mit Ginkgoblättern
© Romy Pfyl 2005, Lichtobjekt mit Ginkgoblättern

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6 Kommentare

  1. Liebe Romy,
    dein Artikel und deine Arbeit berührt mich sehr. Toller Claim, sehr zeitgemäß und verbindend. Versöhnung von Mensch und Natur bringt es auf den Punkt.
    Ich wünsche mir, dass Du sehr viele Menschen inspirierst.
    Liebe Grüße, Sabine

  2. Die Ginkgoblätter sind faszinierend an sich und: toll, was Du daraus gemacht hast (fällt mir ein, ich hab irgendwo mal welche gesammelt und gepreszt – )!
    Ich hatte als Kind eine hohle Eiche als Zufluchtsort, die Reste des Stammes sind noch heute zu finden, die Krone brach vor ca. 10 Jahren ganz und gar herunter… (ich bin 62)
    „Mein Leben ist ein Patchwork aus Zufällen“ könnte ich sagen… und das Web ist mein Fenster zur Welt. Als Netzwerk hab ich es eigentlich noch nie empfunden. Digitale soziale Netzwerke bringen es nicht wirklich, erscheinen mir sehr oberflächlich.

    1. Liebe Mascha
      Das Online-Netzwerk, wo ich sehr persönlichen, interessanten und hilfreichen Austausch erlebe, ist hauptsächlich in den geschlossenen Gruppen von Online Kursen, wo gemeinsam gearbeitet, und ausgetauscht wird. Ich denke aber, dass die Möglichkeit überall besteht. Wie gesagt, es ist eine Möglichkeit und es hängt von uns ab, wie wir sie nutzen. Wie du so schön sagst, das Web kann auch ein Fenster zur Welt sein.
      Herzliche Grüße
      Romy

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