Wie mir die Unterwelt dabei half, Künstlerin zu werden

Romy Pfyl Galerie am Park Wien
Ausstellung „Aufwachen" in der Galerie am Park Wien, Foto: © Angela Olbrich

Das Thema von Djuke Nickelsens Blogparade: Von Au! zu Wow! „Diese Lebenskrise war ein echter Glücksfall“, erinnerte mich wieder lebhaft an eine wichtige Begebenheit in meinem Leben.
Wie mir die Unterwelt dabei half, Künstlerin zu werden, ist ein echtes und wahrhaftiges „Von-Au-zu-Wow-Erlebnis“. Wie es dazu kam, erzähle ich dir hier in diesem Blogartikel:

Eine handfeste Lebenskrise

Wenn ich zurückschaue, gab es eine Zeit in meinem Leben, in der ich an einem besonderen Tiefpunkt angelangt war. Ich verlor meine Arbeit, die Beziehung ging in Brüche, ich hatte ein gesundheitliches Problem und war gerade dabei, in eine tiefe Depression hineinzurutschen. 
„Das darf mir nicht passieren, ich muss mich wehren, einen Weg finden, da sofort wieder hinauszukommen“, so dachte ich voller Angst.

Persephone als Begleiterin

In dieser Zeit beschäftigte ich mich intensiv mit dem Mythos von Persephone. Persephone, die gewaltsam in die Unterwelt entführt wird. In der gleichen Zeit erfuhr ich von einer anderen Version dieser Geschichte. In dieser geht sie freiwillig in die Unterwelt. Diese andere Form der Erzählung faszinierte mich und zog mich sogleich in ihren Bann. Ich entdeckte Parallelen zu meiner eigenen Situation. So tat sich für mich eine neue Möglichkeit, ein neuer Weg auf.  Ich entschied mich, diesen auszuprobieren, mich nicht zu wehren gegen das, was ist, gegen die „Unterwelt in mir“, ich im übertragenen Sinn freiwillig in die Unterwelt zu begeben.

Mein Gang in die Unterwelt

Ich entschied mich, (wie schon mein ganzes Leben lang) mit Natur, mit Pflanzen zu arbeiten. Darum mietete ich eine Werkstatt, in einem Keller und begann für mich allein und sehr zurückgezogen zu arbeiten. Neu war, dass ich mit den Pflanzen alles, auch Dunkles ausdrücken wollte. Pflanzen nicht als einfach als Dekoration sehen, sondern als etwas viel Tieferes. So wollte ich auch scheinbar Hässliches zulassen und erforschen.
Tage- und wochenlang arbeitete ich in voller Konzentration und tiefer Meditation an einem riesengroßen geklebten Bild mit den Blättern der Silberpappel. Später erfuhr ich, dass diese zufällig gewählte Pflanze in der Symbolik, Persephone, Zerberus und der Unterwelt zugeordnet wird. Das fertige Bild erschütterte mich. Es drückte in seiner einfachen und schlichten Art vieles aus, das mich bewegte. Was mich damals besonders überraschte war, dass es trotz aller Bewegtheit in sich sehr harmonisch wirkte.

Epiphanias ein Bild er Künstlerin Romy Pfyl
„Epiphania“, Silberpappel – Populus alba, Romy Pfyl 2001

Wie ich aus der Depression heraus kam

Weil die Werkstatt im Keller feucht war und meine Arbeiten durch diese Feuchtigkeit litten, mietete ich mir einige Zeit später im zweiten Wiener Gemeindebezirk ein Ladenlokal. Damit zog ich sozusagen wieder in die „Oberwelt“.
Hier war ich sichtbar und im Austausch mit vielen Menschen. Ich begann als Künstlerin aktiv zu werden, machte Ausstellungen und Workshops, war in regem Austausch mit anderen Künstlern, war in den Medien, hatte Erfolg und gute Resonanz. Ich fing an meine Arbeiten zu verkaufen und davon zu leben.

Wie es dann weiter ging

Später unterrichtete ich an der Berufsschule. Das Unterrichten machte mir viel Freude und ich realisierte, wie sehr es mir liegt, mein Wissen und meine Erfahrungen weiterzugeben.
Dadurch lernte ich, die Gestaltung mit Pflanzen auf leicht zugängliche und einfach verständliche, systematische Art zu vermitteln. Dabei war es mir ein zentrales Anliegen, den Schüler*innen genug Freiraum für eigene Interessen, eigenes Gestalten und Forschen zu geben.

Im Gespräch mit der Künstlerin Romy Pfyl
In jeder Blume wird ein Stern geboren“, floramiraculo ArtLabor 2022, Tage der offenen Ateliers in Niederösterreich

Meine Wiedergeburt als Künstlerin

Vor vier Jahren entdeckte ich durch eine Künstlerfreundin die Cyanotypie. Das ist eine historische, kameralose Fototechnik, bei der mit der Sonne belichtet und mit Wasser entwickelt wird. Das wollte ich ausprobieren. Ich begann, mit Pflanzen Fotogramme zu gestalten, in denen das Wesen der Pflanzen auf eine faszinierende Art sichtbar gemacht werden kann.
Ich entschied mich, mich voll und ganz der Cyanotypie zu widmen. Darum mietete ein Häuschen auf dem Land, richtete es mir als Atelier, Ausstellungsort und Platz für Workshops ein und nannte mein Projekt floramiraculo Artlabor. Von da an hat sich vieles fast automatisch entwickelt. Ausstellungen in Wien und im Schloss Wolkersdorf, Werkstatt-Tage, Onlinekurse, Anfragen und Kunstverkäufe. Im Januar dieses Jahres begann ich zu bloggen. Ich berichte über meine Tätigkeit, meine Erfahrungen und mein Wissen und so wie hier über persönliche Erlebnisse.

Fazit

Wenn wir in einer Krise stecken, ist unser (Denk) Horizont oft ziemlich eingeschränkt. In solchen Situationen kann es hilfreich sein, sich an die eigenen „Von-Au-zu-Wow Erlebnisse“ zu erinnern.

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10 Kommentare

  1. „Wie mir die Unterwelt dabei half, Künstlerin zu werden“ – was für eine Geschichte, liebe Romy! Ich war sofort an Bord, als du zur Verarbeitung deiner Krise dich vom Persephone-Mythos hast leiten lassen. Und ab da wurd’s nur besser.
    Danke, dass du mich in deine Welt mitgenommen hast!

  2. Wow Romy, deine persönliche Reise in die Unterwelt finde ich beeindruckend. Unglaublich phantastisch finde ich dein Werden als Künstlerin und deine Arbeiten. Persephone, die Silberpappel-Blätter … du weißt ja: Zufall kommt von „im richtigen Moment zugefallen“!

  3. Was für eine wunderschöne Geschichte und dass du deinen Weg zur Künstlerin gefunden hast, liebe Romy! Danke fürs Mitnehmen, liebe Grüße Sue 🏵️👌

  4. Liebe Romy, auch mich hat deine Geschichte beeindruckt und berührt. Mir gefällt dein Zugang, der mir bisher fremd war. Ich finde es so spannend, wie viele Möglichkeiten wir haben, sinnvoll zu leben. Danke, dass du deine Geschichte geteilt hast.
    Liebe Grüße, Korina

    1. Liebe Korina,
      Wie schön, dass wir alle so verschieden sind, das macht das Leben reich und interessant. Fein, dass du durch meine Geschichte einen Zugang zu einer dir bisher fremden Seite gefunden hast.
      Herzlichen Dank für deinen Kommentar!
      Romy

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