Frühlingskraft und Bewegungslust

blühender Pfirsich

Romys Nacht- und Tag-Buch 9

Die frische Frühlingsluft ermutigt zu neuen Taten. Es gibt viel zu Staunen und zum Entdecken. Auch wenn es draußen teilweise noch sehr kalt ist … der Frühling geht voran und bringt Inneres und Äußeres in Bewegung.

Sonntag, 2. April

Der Frühling prunkt in meinem Vorgarten mit Primeln in kräftigen Farben, einer pinken Polsterpflanze, den leuchtenden Gesichtchen der Hornveilchen und mit einer violett duftenden Mondviolenblüte. Über all dem schwebt eine große, rosafarbene Wolke. Das ist mein blühender Pfirsichbaum. Seine Blüten sind unglaublich zart, fein und von berührender Schönheit. Er wird umschwärmt von verschiedenfarbigen Wildbienen und Hummeln. Weingartenpfirsiche werden in Österreich seit dem 18. Jahrhundert vor allem in Weingärten angepflanzt. Sie reifen zur Zeit der Weinlese. Meinen Pfirsich hat eine Nachbarin direkt aus dem Kern gezogen. Diese Sorten sind samenfest und müssen nicht veredelt werden. Deswegen sind sie sehr robust und überstehen Trockenheit und Hitze. Vor drei Jahren habe ich ihn als winziges Bäumchen in meinen Vorgarten gepflanzt. Jetzt ist er ein schön gewachsener junger Baum geworden und verwöhnt seine Umgebung mit der wunderbarsten Blütenpracht im Frühling und gelben, köstlich schmeckenden Früchten im Herbst.

Mondviole
Zart duftende Mondviole

Montag, 3. April

Gestern hatte ich einen Nein-Tag. Das fing schon am frühen Morgen an und dauerte bis zum späten Nachmittag. Nein, ich will nicht aufstehen. Also bleibe ich im Bett und lese mich durch Beiträge in Facebook und Instagram, schaue mir einen Kurs über Infografiken an. Ich lese ohne Begeisterung, schaue in die Luft ohne Freude, fabriziere mir ein Essen ohne Engagement. Nein, ich will keine Übungen machen, also bleibe ich im Bett und versinke in Bewegungslosigkeit. Zeichnen will ich auch nicht und auch nicht Studien machen und schon gar nicht mit meinem Zeichenkurs auf Procreate weitermachen. Obwohl ich das jetzt wieder könnte, weil ich endlich wieder einen stabilen Internetzugang hätte. So geht es weiter, 17 Uhr, bis mir das Ganze so öde wird, dass ich mich, anziehe, auf mein Rad schwinge und den langweiligen Sonntag mit einer Fahrt durch die Weinberge und Kellergassen ausklingen lasse.

Dienstag, 4. April

5 Uhr 36 und ich sitze schon im Zug. Noch im Dunklen bin ich mit dem Radel zum Bahnhof gefahren. Um 6 Uhr 30 beginnt mein begleitetes Krafttraining am Praterstern. Das war der einzige Termin, den ich so kurzfristig noch bekommen konnte. Ich bin schon sehr gespannt, wie es nach drei Monaten Pause sein wird. Mit diesem Krafttraining habe ich angefangen, weil ich Osteoporose habe und mir der Arzt dazu geraten hat. Nie hätte ich gedacht, dass mir das Spaß machen könnte. Aber ich spüre einfach, wie gut es mir tut. Und nachträglich denke ich, dass es optimal war vor der Knieoperation, mit diesem Training Kraft aufzubauen. Vielleicht werde ich jetzt im Alter noch einmal so richtig sportlich, wer weiß? Gestern habe ich an einem Online-Training zum Kraulen lernen teilgenommen. Weil Brustschwimmen mit meinem Knie nicht so optimal ist, habe ich große Lust diese Technik zu erlernen. Heute werde ich abklären, in welchem Hallenbad ich am besten Bahnen schwimmen könnte. Ich träume davon, im Sommer in der Donau zu kraulen.

Online Kraulen
Meine Freundin Kerstin hat sich gestern in ihrer Berliner Wohnung für unser Online-Training passend ausgerüstet.

Mittwoch, 5. April

Endlich wieder zeichnen. Eine Tulpe hat mich dazu verlockt. Unglaublich wie elegant sich diese doch eher sturen Blätter bei manchen Tulpen vom Stängel aus in die Luft schwingen. Der berührende Moment, wenn die Knospe sich öffnet und zu entfalten beginnt. Die Art, wie die ganze Pflanze sich bewegt. Wie sie das Licht einfängt und anfängt zu strahlen. Wie sie sich in der Wärme bis ins Innerste öffnet. Die Textur, wo Mattes und Glänzendes sich abwechselt. Das Gefühl, wenn ich sie anfasse. Der Geruch ihrer offenen, sonnen-warmen Blüten. Die Unverschämtheit ihrer Lockungen, mit allem, was sie aufbieten kann. Die sich langsam entwickelnde Farbenpracht ihrer Blüten. Wie sie sich ständig verändert und bewegt. Sogar abgeschnitten in der Vase wächst sie noch weiter. Die Blütenblätter werden im Verblühen transparent und entwickeln eine ganz andere und von Neuem wieder faszinierende Schönheit.

Tulpenzeichnung
„Tulpipani“, iPad Zeichnung @ Romy Pfyl 23

Donnerstag, 6. April

Im Garten hinterm Haus begegne ich jetzt öfters der Amselmutter und dem Amselvater, beide stets mit einem Wurm im Schnabel. Von den Jungen habe ich noch nichts gesehen. Gut so, denn die Nachbarkatze streicht hier gerne herum. Gestern habe ich sie vom Teichrand vertrieben. Meine drei Goldfische haben den Winter gut überstanden und schwimmen jetzt manchmal an der wärmeren Wasseroberfläche.
Meine älteste Enkelin hat auf Instagram ein Bild aus Zürich gepostet. Sie ist mit ihrer Freundin in der Schweiz unterwegs. Die zweite Enkelin reist mit meiner Tochter per Eisenbahn nach Italien. Sie besuchen ihre Freundin, die dort gerade ein Auslandssemester macht. Ja, und ich mache mich heute auf in die Steiermark. Ich verbringe Ostern im Bauernhofparadies mit meinen Freunden.

Freitag, 7. April

Heute ist der Geburtstag meiner Mutter. Seit ein paar Tagen geht sie mir öfters durch den Sinn. Seit ihrem Begräbnis war ich nicht mehr in der Schweiz. Ist es wirklich erst zweieinhalb Jahre her? Mir kommt diese Zeit viel länger vor. Irgendwie gehen die Veränderungen in der äußeren Welt in einem rasenden Tempo von sich. Wenn ich das Radio aufdrehe und mir die Nachrichten anhöre, weht eine Welle von Dramen, Krieg und Krisen durch den Raum. Der Bauernhof meiner Freunde ist ein Ruhepol. Über viele Jahre haben sie sich hier ein kleines Paradies geschaffen. Gerade hat ein Hahn gekräht. Es gibt mehrere hier. Gestern kam ein Lamm auf mich zu gelaufen und wollte gestreichelt werden. Ich war ziemlich erstaunt, weil die Schafe sonst eher nicht zum Kuscheln neigen. Meine Freundin erzählte mir später, dass sie dieses Schäfchen mit der Flasche aufziehen mussten, weil es von der Mutter nicht angenommen wurde.

Samstag, 8. April

Über die noch kurz krautigen Frühlingswiesen streifen und nach schön geformten Blättchen und Blüten suchen. Der Kälteeinbruch zeigt Folgen. Was sonst saftig und fest ist, neigt zum Hängen und die Blüten öffnen sich zögerlicher als sonst. In der Küche richten wir unsere Ostereier-Werkstatt ein. Ich habe seit vielen Jahren nicht mehr mit dieser traditionellen Zwiebelschalen-Methode gefärbt. Meine Freundin gibt auch ein wenig Rohnen dazu. Ein alter Strumpf muss dran glauben und auch ein Stück Vorhangstoff. Die Pflanzenteile werden auf den gewaschenen Eiern platziert und der Strumpf mit der Hilfe von Gummiringerln darüber fixiert. Dann werden diese kleinen Wundertüten im Zwiebel-Rohnensud zehn Minuten gekocht und das Ganze wird zwei Stunden stehen gelassen. Beim Auspacken zeigt sich, wie unterschiedlich die Eier reagiert haben. Ihre Farbe changiert von Pastell bis zu einem satten Rostbraun.

Gefärbte Ostereier
Die frisch gefärbten Ostereier

2 Kommentare

  1. So schön, wie du die Tulpen beschreibst, liebe Romy. Meine Lieblingsblumen. Ich habe immer welche auf meinem Tisch und freue mich, wie sie sich bewegen und verändern.
    Das war ein interessantes Schwimm-Online-Training. Hab es gleich am Donnerstag im Wasser umgesetzt. Das wäre schön, im Sommer mit dir in der Donau zu kraulen 🏊‍♀️
    So schön, deine kunstvoll gefärbten Eier. Ich hab es mir dieses Jahr etwas einfacher gemacht … 🤣
    Hab ein schönes Osterfest in der Steiermark.
    Liebe Grüße
    Kerstin

    1. Danke dir liebe Kerstin,
      jede Blume, mit der ich mich intensiver beschäftige,
      wird dabei fast automatisch zu meiner Lieblingsblume.
      Ich freue mich schon auf den Sommer und das gemeinsame Kraulen in der Donau.
      Herzliche Ostergrüße nach Berlin
      Romy

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