Sich am Leben laben

Genießen

Romys Nacht- und Tag-Buch 60

Feines Zusammensein, interessante Gespräche, schmausen, trinken und sich am Leben laben … feiern und genießen. Der üppige Frühling beschert mir wunderschöne Tage, ein heiteres Blühen ist um mich herum.

Sonntag, 24. März

Die letzten Tage waren geprägt vom Vorbereitungsflow für mein Geburtstagsfest. Gestern den ganzen Vormittag Backen und Kochen. Am Nachmittag hilft mir eine Freundin dabei, das Häuschen für die vielen Gäste einzurichten. Um fünf Uhr ist es genug und wir fahren zum Heurigen für einen gemütlichen Ausklang. Ein wenig später gesellt sich ein Wiener Freund mit seinem kleinen Sohn zu uns. Sie haben sich im Tag geirrt und wollten schon einen Tag früher zum Fest kommen.

Wohnwerkstatt

Montag, 25. März

Mein Geburtstagsfest ist ein einziges Genießen und ein großes Geschenk für mich.
Die ersten Geschenke bekomme ich von drei kleinen Buben. Einer möchte mir Goldfische kaufen. In seinem Kopf hat er schon ihre Namen geboren, aber der Tierhändler meint sie es sei noch zu kalt für sie draußen in meinen Gartenteich. Einer kommt mit einer blauen Kerze und lächelt mir strahlend entgegen. Sein Bruder hat zwei kleine rote Filzstücke, selbst mit großen gelben Stichen zusammengenäht, darauf ein kleines Herz. Dann noch mehr Herzensgeschenke. Ein warmer bunter Poncho mit frechen Fransen, ein maschinengeschriebener Brief, ein Kranz mit roten Zierquittenblüten, Marmeladen aus vollreifen Früchten, ein magisches Buddha-Board, selbstgeschriebene Gedichte, ein Leseknochen, eine Drachenweide, portugiesisches Olivenöl vom Feinsten, eine ganz spezielle Butter mit Geschichte, indische Gewürze, eine wunderschöne Collage, ein Tagesausflug an einen Wunschort, wohl ausgesuchte Lesefreuden und das ist noch lange nicht alles. Meine tüchtig mithelfenden Enkelinnen und ihre Freund:innen erfreuen mein Herz. 34 Gäste waren hier Familie, Freunde und Nachbarn. Ich bin voller Dankbarkeit über diese schönen Stunden.

Dienstag, 26. März

Auf der Terrasse sitzen und in die Landschaft schauen. Wie viele Bäume sehe ich von meiner Terrasse aus? Ihre Farben und Formen begleiten mich durch die Jahreszeiten und machen meine Augen froh. An meinem Geburtstagsfest bin ich mit Wiener Freunden hier draußen gesessen. Es war kalt und die meisten meiner Gäste genossen die Wärme der Wohnwerkstatt. Doch sie harrten hier draußen aus und erfreuten sich am Sein an diesem schönen Ort. Gemeinsam mit ihnen eröffnete ich die Terrassensaison. Wann wird es wohl genug warm sein, um mein Bett wieder nach draußen zu siedeln?

Terrasse

Mittwoch, 27. März

Die Träume der Nacht hängen noch wie alte staubige Spinnfäden in meinem Kopf. Sie handelten von der Schwierigkeit, gehört zu werden.
Plötzlich tauchten Lücken in meinem Erleben auf. Ganze Lebenssequenzen verschwanden einfach. Mein Hirn kam ins Stottern und so schlichen sich folgenschwere Fehler ein. Ich war verzweifelt, weinte, heulte die Angst weg und versuchte den Anderen meine schwierige Lage zu erklären. Überall Massen von Menschen, ein Lärm und Gewurl. Immer wieder wurden meine von mir verzweifelt angesprochenen Freunde und Verwandten von mir weggerissen oder sie gingen weg, noch während ich sprach. Vor mir tauchte ein neues verständnislos schauendes fremdes Gesicht auf. „Nein, dich habe ich nicht gemeint.“ Es blieb ein fruchtloses Bemühen.

Nacht

Donnerstag, 28. März

Silbern glänzende Wasserperlen hängen außen am Fenster. Hat es heute Nacht geregnet? Es ist noch dunkel draußen und die neuen Halogen-Straßenlampen bringen den Wassertropfen ein überirdisches Leuchten bei. Viele der hängenden Orchideenpflanzen in meinem Fenster haben Triebe mit Blütenknospen angesetzt. Hinter ihnen liegt der kühle Winter in meinem Schlafzimmer. Öfters mussten sie ziemlich lange warten, bis sie in meinem Bad mit lauem Wasser abgeduscht wurden und das schon ausgetrocknete Substrat Wasser ansaugen konnte. Offenbar hat ihnen diese rüde Behandlung nicht geschadet. Bald werden sie mein Auge mit ihrer bunten Blütenpracht erfreuen.

Freitag, 29. März

Gestern wollte ich zum ersten Mal eine längere Tour mit dem Radl machen. Meine alte Route über Großengersdorf lockte mich. Strahlender Sonnenschein. Nach ein paar Metern gab ich auf. Bei jeder Umdrehung blieb das Knie hängen und versetzte mir einen schmerzhaften Stich das Bein hinunter. Also dann eine kurze Runde zu Fuß. Die Nachbarin im Garten meinte, dass es einfach ein wenig Geduld brauche und dass ich die Reha ja noch vor mir habe. Das Gehen geht erstaunlich gut. Trotzdem habe ich schlecht geschlafen, mir Sorgen gemacht, Gedanken gedreht, was wenn? Jetzt sitze ich im Zug ein wenig müde noch. Ich fahre in die Steiermark. Draußen gleißt eine frühe Frühlingssonne.

Samstag, 30. März

Das traditionelle Eierfärben mit Zwiebelschalen und aufgelegten Frühlingskräutern ist ein Geduldsspiel. Meine Hände sind bei diesen kleinen, feinen Arbeiten eher ungeschickt. Auch meine Freundin Theresia kämpft mit ihren Eiern. Eines zerbricht, als ich es mit den Kräutern in den Strumpf wickeln möchte. Trotzdem ist das Resultat außerordentlich schön. Warme rötliche Brauntöne in einem großen Spektrum von Nuancen erinnern mich an Höhlenmalereien. Auch die abgebildeten Kräuter wirken archaisch auf mich.

4 Kommentare

  1. Liebe Romy, ich wünsche dir ein wundervolles Frühlings- und Osterfest in der Steiermark mit all den besonderen Ritualen, die ihr dort immer macht. Hab noch Geduld mit deinem Knie. Die OP ist noch nicht lange her und die Reha mit dem Aufbauprogramm kommt erst noch. Was für ein schrecklicher Alptraum von Gedächtnisverlust. Wie furchtbar!
    Nun ist dein Nacht- und Tagbuch beinahe so alt wie du. Bin beeindruckt, wie viele Berichte da schon zusammengekommen sind. Ich lese sie so gerne und mag es, in deine Welt und dein Schreiben einzutauchen.
    Schöne Ostern und liebe Grüße
    Kerstin

  2. Liebe Romy, wie schön, Du hattest Geburtstag und eine so wunderbare Feier. Ich wünsche Dir alles alles Gute nachträglich und viel Glück in Deinem neuen Lebensjahr. Vor allem Gesundheit und dass Deine innere Sonne immer für Dich scheint. Gute Besserung auch Deinem Knie, ich drücke fest die Daumen, dass alles gut wird. Liebe Grüße Susanne

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