Romys Nacht- und Tag-Buch 140
Nach dem Regen leuchten die Tropfen auf den Gräsern wie Edelsteine. Wind, Sonne, Nebel und Regen – alles hat seine schönen Seiten. Mich bei Regen in meinem Zimmer hinter ein Buch verkriechen, über regenfeuchte Wiesen stapfen oder die hell leuchtende Sonne an einem frostigen Morgen genießen.
Sonntag, 5. Oktober
Oben in der Schafweide, direkt am Wegrand, thront ein Ahorn. Sein Schatten fällt weit hinüber auf die andere Wegseite, tief hinein in ein frisch gepflügtes Feld. Ringsum haben die Sonnenstrahlen den Bodenfrost schon aufgefressen, nur im schattigen Bereich leuchten noch weiße Flecken. Hoch oben nimmt ein Wolkenband dieses Spiel auf und spiegelt das Geschehen am Boden. Es erinnert mich an Worte, denen ich als Kind in der barocken Pfarrkirche meines Heimatortes unzählige Male begegnet bin: „Wie im Himmel, so auf Erden.“

Montag, 6. Oktober
Draußen hat der Herbstwind das Regime übernommen. Aus der Weite dringt das Läuten der Kirchenglocken durch das sausende Rauschen vor meinem Balkon. Noch ist es dunkel, und ich sitze drinnen im warmen Bett und schreibe. Bald gehe ich hinunter in den großen Saal zum Frühstück. Um sieben Uhr beginnt das Programm der neuen Rehawoche mit einem Modul der Rückenschule.
Dienstag,7. Oktober
In den langen Gängen mit den gelben Wänden auf den seitlichen Klappstühlen zu sitzen und auf das nächste Training, die Anwendung oder den Vortrag zu warten, ist zur täglichen Routine geworden. Immer wieder finde ich mich in neu zusammengewürfelten Gruppen wieder, täglich tauchen neue Gesichter auf. Rund fünfhundert Gäste treffen hier auf ebenso viele Angestellte – ein ständiges Kommen und Gehen. Da tut es gut, zu den Essenszeiten am Tisch in unserer vertrauten Viererrunde zur Ruhe zu kommen, uns über den Reha-Alltag auszutauschen und den Humor zu pflegen.
Mittwoch, 8. Oktober
Am Nachmittag hat der Regen aufgehört. Ich nehme die Walkingstöcke und gehe hinaus. Unten am Straßenrand wartet sie schon. Wie ein Erkennungszeichen trägt sie das gleiche bunte Stirnband wie ich. Sie kommt auf mich zu. „Gehörst du zur Walkinggruppe?“, fragt sie. Niemand sei aufgetaucht, und nun sei sie nicht mehr sicher, ob sie an der richtigen Stelle warte. „Nein“, antworte ich, „aber du kannst gerne mit mir mitkommen.“ Und so walken wir gemeinsam über den Wiesenweg. Sie erzählt von ihrer Arbeit als Krankenschwester und vom Bandscheibenvorfall, der sie hierhergeführt hat.

Donnerstag, 9. Oktober
In der Nacht ist viel los. In meinen Träumen geschieht Sonderbares.
Am Morgen ist das Meiste vergessen. Nur der Kiefer erinnert sich, verspannt vom auf die Zähne beißen. Eine einzige Erinnerung ist geblieben. Eine Bekannte hat ihren Fuß und die Hälfte ihres Schienbeines geopfert, – um etwas – was denn eigentlich? – zu erreichen. Schon im Traum war ich entsetzt. Jetzt, im Wachsein, noch viel mehr.
Freitag, 10. Oktober
Eine packende Geschichte – eine Epidemie, die Menschen zu Bäumen mutieren lässt. Ich konnte das Buch Stammzellen von Alina Lindermuth fast nicht mehr aus der Hand legen und habe es in einem Rutsch verschlungen. Ein fantastisches Geschehen, das mich als Leserin nicht in luftige Höhen entschweben lässt, sondern mich dazu bringt, über das Verhältnis zwischen Mensch und Pflanze nachzudenken, – mich eher verwurzelt als entrückt. Erfundenes, das an tiefe Wahrheiten rührt.

Samstag, 11. Oktober
Am Abend sitzen wir noch im Café. Wir probieren den Sturm, trinken ein regionales Bier, einen roten Schilcherdrink mit Minze oder ein bayrisches Weizen. Wir plaudern, lachen, lassen den Tag Revue passieren. Unser Viererteam trägt uns gut durch diese Tage. Das Café füllt sich, Stimmen und Lachen verdichten sich. Wir aber sind schon müde und überlassen unseren Platz im Eck den Nachkommenden.
Liebe Romy!
Danke für den Kurzausflug ins Waldviertel!
Wow, was für einen fantastischen Moment du da eingefangen hast!!- Das Ahorn-Schattenfrost-Wolkenspiel-Bild ist einfach wunderbar! ..‘Wie im Himmel, so auf Erden‘ – was für ein Titel!
Hm.. Stammzellen.. -schon wieder bin ich neugierig auf ein Buch:-)!!
Danke für all deine Inputs, Romy!
Ich wünsche dir noch viele erfolgreiche Trainingseinheiten, spannende Begegnungen und eine wunderbare Zeit in der Waldviertler Natur!
Liebe Grüße
Sabine
Danke Sabine für deine guten Wünsche.
Ich wünsche dir eine schöne Zeit und fantastische Momente.
Alles Liebe Romy
Hallo Romy,
Ich habe gerade deine Texte dem Andy vorgelesen. Du hast mir aus der Seele geschrieben. Musste eine kleine Tränen verdrängen. Ich freue mich, mit dir diese Tage verbracht zu haben. Ich hoffe wir bleiben in Verbindung.
Liebe Renate
Herzlichen Dank für deine lieben Worte.
Ich freue mich auch sehr, dass wir einander hier begegnet sind.