Romys Nacht- und Tag-Buch 130
Beständig sind wir von ihnen umgeben. Klänge, die, wenn sie laut werden, als Lärm bezeichnet werden. Oft unbemerkt, ziehen sie uns weg. Weg vom Moment. Unsere Gedanken schweifen ab und reisen an einen anderen Ort.
Sonntag, 27. Juli
Wie viele Stunden habe ich im heurigen Sommer vom Bett aus in diese Landschaft geschaut? Mich dem Grün der Bäume und den Bewegungen der im Wind tanzenden Äste hingegeben? Wie oft sind mit den Klängen rund um mich, die Gedanken gereist, haben Zeit und Raum negiert? Mit dem Morgenwind erreicht mich ein herbstliches Gefühl. In der Luft eine herbe Frische und wehmütiges Taubengegurr.

Montag, 28. Juli
Sommerferienzeit. Kein einziges geparktes Auto steht auf meiner Straßenseite. Nicht, dass ich das vermissen würde. Aber etwas eigenartig ist es doch. Sonst ist hier alles zugeparkt. Die Kinder fehlen mir, ihre Energie, das Geschrei manchmal begeistert, manchmal wütend. Auch das abendliche Gemurmel des betagten Paares aus dem Nachbargarten vermisse ich. Beim Wegfahren habe ich ihnen noch zugewunken und diese Woche werde ich ihre Pflanzen gießen.
Dienstag, 29. Juli
Die Tage in der Waldviertler Schreibwerkstatt haben mir Lust gemacht, mich vertieft mit dem Handwerk des Schreibens zu beschäftigen. Ich habe mich für das Fernstudium für Prosa und autobiografisches Schreiben bei der Textmanufaktur angemeldet. Gestern habe ich das erste Skript mit den Aufgaben bekommen. Um diesen für mich besonderen Moment zu feiern habe ich den Schreibtisch im Wohnzimmer umgestellt und neu eingerichtet. Das erste Thema hat mich gleich gepackt. Es geht um das Handwerk und die Kunst des Schreibens.

Mittwoch, 30. Juli
Beim Heurigen lassen wir den Nachmittag ausklingen – Schreiben, Reden, Feedback geben, das alles hat heute wieder gutgetan.
Seit zwei Jahren teilen B. und ich den Schreibweg. Mit der Zeit ist Nähe entstanden, Vertrauen gewachsen – daraus ein lebendiger, tiefschürfender und ehrlicher Dialog entstanden. Aus solchen Zusammenkünften werden Schätze geboren. Auf diese Weise bewegen wir uns gemeinsam ins Autorinnendasein hinein.
Donnerstag, 31. Juli
Keine Ruhe auf der Terrasse. Motorengeheul vom Morgen bis zum Abend. Seit ein paar Tagen wird ein paar Gärten weiter gerodet, was das Zeug hält. Seitdem ich hier wohne, steht das Haus dort leer, das große Gelände verwaist. Doch Ordnung muss sein. Wo kämen wir hin, wenn alles wild wuchern würde? Vor kurzem hat sich eine Nachbarin beschwert. „Das ist eine Katastrophe da drüben. Und dieses ganze Zeug landet dann in meinem Garten und breitet sich aus. X-mal versuchte ich die Eigentümerin anzurufen, doch ich landete immer beim Telefonbeantworter.“ Gerade war sie dabei, ihren Kiesgarten zu jäten. Frech ausbreitendes Grün dort wo Grau hingehört. „Mir gefällt die bunte Wiese da drüben“, wagte sich meine Begleiterin dann doch zu sagen. „Und diese Quecken hier kommen eher nicht von dort“, setzte ich noch eins drauf. Unterdessen hat sich dort, wo die Wiese war, eine braune Ödnis ausgebreitet.

Freitag, 1. August
Heute ist der schweizerische Nationalfeiertag und meine mittlere Enkelin wird siebzehn Jahre alt. Heute wird gefeiert. Eine Bootsfahrt auf der alten Donau, ein Brunch und am Abend ein gemütliches Zusammenkommen sind geplant. Siebzehn! War das nicht gerade? Die Jahre fliegen an mir vorbei. Ich kann mich zwar nicht mehr daran erinnern, wie mein siebzehnter Geburtstag abgelaufen ist. Aber das Gefühl ist noch da. – Dieses fast platzen vor Energie und ein Jubelgefühl. Ein Gefühl, das sagt, jetzt bin ich da, endlich, jetzt geht es los, das Leben.
Samstag, 2. August
Sie sind wieder da. Ich höre sie von hinten im Garten, aus den Bäumen rufen. Der unverwechselbare Klang ihrer Stimmen versetzt meine Ohren in ein aufmerksames Lauschen. Eine Vogelunterhaltung der Extraklasse ist das. Gesehen habe ich sie noch nicht. Aber ich bin mir sicher, dass sie es sind. Ihre Töne erinnern mich an die ballettartigen Flugkünste. Wie sie den Wind nutzen, für noch mehr Leichtigkeit. Die Bienenfresser sind die buntesten Wildvögel hier im Weinviertel. Aber sie sind nur zu Besuch. Sommergäste. Bald werden sie wieder zurückfliegen. Nach Afrika.
Wer schreibt hier?
Ich bin Romy Pfyl.
Als Autorin und Bloggerin veröffentliche ich wöchentlich Alltagsmomente in meinem Nacht- und Tag-Buch. Neben Kurzgeschichten arbeite ich an einem Romanprojekt.
Meine Texte verbinden präzise Naturbeobachtungen mit persönlichen Reflexionen und erzeugen so einen eindringlichen, emotionalen Raum.
www.romy-pfyl.com
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Liebe Romy,
mit Vergnügen habe ich wieder deinen Newsletter zum Einstieg ins Wochenende gelesen. Ich bin neugierig geworden – für welchen Anbieter hast du dich für dein Fernstudium entschieden, wenn ich fragen darf. Irgendwie hast du mir damit einen Floh ins Ohr gesetzt … Schöne Grüße aus dem Urlaub von der See, Manu
Liebe Manu
Das ist die Textmanufaktur.
Liebe Grüße an die See und einen schönen Urlaub wünsche ich dir
Romy