Romys Nacht- und Tag-Buch 115
Entfaltung ist kein lauter Vorgang. Sie geschieht im Stillen, aus dem Innersten heraus. So wie bei den jungen Ahornblättern, zu jeder warmen Stunde entrollen sie sich ein Stück mehr, als würden sie der Sonne lauschen.
Sonntag,13. April
Hinten im Garten ist es so schön jetzt, dass ich von dort fast nicht mehr loskomme. Ich liege im Liegestuhl, beobachte die Hühner, höre den Frühlingsgesang der Vögel in den Bäumen und ab und zu ein Flugzeug von hoch oben. Um mich herum, die blauenden Traubenhyazinthen-Teppiche, dazwischen fein hingestreut gelbe und rote Tulpen und wuchernde Wiese mit Löwenzahn.

Montag, 14. April
Anruf von einer Nachbarin. Sie hat einen Kübel voll mit Vogelmiere für meine Hühner vor die Tür gestellt. Ein Festmahl, über das sie sich mit sichtlichem Vergnügen hermachen. Zum Dank bekommt die Nachbarin ein paar Eier. Meine Hühner sind so legefreudig zurzeit, dass ich ab und zu ein paar davon verschenken kann.
Dienstag, 15. April
In der Nacht wirre Träume. Beim Umdrehen im Bett knackt das Knie mit dem künstlichen Kniegelenk. Momentan macht es öfters wieder kleine Hüpfer beim Bewegen.– Manchmal packt mich eine erbarmungslose Sorgenmacherei.
Ich möchte lernen, zuversichtlicher zu sein und dankbarer. Dankbar dafür, dass sich vieles verbessert hat. Bald ist die nächste OP und ich bekomme auch beim zweiten Knie ein neues Gelenk. Dafür brauche ich Mut, Zuversicht und keine ängstliche Stimme in meinem Kopf.
Mittwoch, 16. April
Aus einer Betonritze am Weg zu meiner Haustür wächst ein kleiner Ahornbaum. Jahr für Jahr schneide ich ihn zurück, damit er mir nicht den Weg überwuchert. Er war schon da, als ich hier eingezogen bin. Wahrscheinlich ist er schon uralt. So eine Art Bonsai am Wegrand, wenngleich er nicht so fachgerecht behandelt wird, wie es sich gehören würde, – dafür kenne ich mich zu wenig aus.
Im Frühjahr, wenn er seine Blätter entfaltet, berührt mich ihre zarte Schönheit, beeindruckt mich sein unentwegtes Weiterwachsen. Gestern nach dem Regen, die Blattrillen noch feucht, eröffnete sich mir ein frisch glänzendes Farbspektrum.
Donnerstag, 17. April
Meine Skulptur ist fertig geworden. Ihr zu Ehren räume ich die Terrasse zusammen und platziere sie so wie sie es verdient. Ich lasse sie unter dem Dach stehen, damit sie von Wind und Wetter verschont bleibt. Wenn der Wind kräftig weht, kommt sie ein wenig in Bewegung. Sie steht zwischen dem Innen und Außen. Vielleicht ist sie eine Hüterin der Grenze, eine Dazwischen-Steherin. Eine zart im Wind schwankende, mit festem Stand.

Freitag, 18. April
Neben mir ein ausgiebiges Schnurren. Gleich zwei Katzen machen sich auf meiner Liege breit. Nur die Rote lässt sich fotografieren. Die getigerte Katze ist seit dem Vormittag nicht mehr aufgetaucht. Vielleicht hat sie sich draußen ein Platzl gesucht. Gestern bei meiner Ankunft in der Steiermark hat sie mich ins Staunen gebracht. Seit meinem letzten Hiersein ist ihr Bauch riesig geworden. Damals hat sie sich hingebungsvoll mit einem hell-getigerten Kater vergnügt. Ich hoffe, sie bekommt ihre Jungen, bevor ich am Ostermontag wieder zurückreisen muss.

Samstag, 19. April
Ausgiebiges Regenwetter. Dazwischen gar ein Donnern. Ich stehe in der Küche und bereite einen Salat zu. Meine Freundin Theresia findet meine Saucen Weltklasse. Also gebe ich mir besonders viel Mühe. Der Endiviensalat ist in ihrem Gewächshaus gewachsen. Ein Prachtexemplar, knackig, grün und zart. Beim Waschen und Putzen entdecke ich eine winzig kleine Häuschenschnecke. Sachte streckt sie ihre mini-kleinen Fühler aus. Mit einem Salatblatt als Reiseproviant bringe ich sie nach draußen in den Garten.
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