Romys Nacht- und Tag-Buch 110
Der Regen hat eine wundersame Kraft. Kaum ist er da, beginnt sich der Frühling zu entfalten. Die Knospen an den Bäumen sind scheinbar über Nacht gewachsen und die Narzissen leuchten wie, wenn sie etwas zu verschenken hätten.
Sonntag, 9. März
Frauentag im Schloss. Acht Frauen lesen aus acht Büchern von Frauen und stellen sie vor. Ein einfaches Konzept mit einer großen Wirkkraft. Schon um fünf ist der Saal gut gefüllt und wir warten gespannt auf das Kommende. Und wir werden nicht enttäuscht. Auf uns wartet ein bunter Reigen von Lieblingsbüchern, präsentiert von begeisterten Leserinnen. Zwischen den Lesungen gibt es eine Labe-Station mit Wein und Säften aus der Umgebung und süßen und salzigen Spezialitäten, einen Büchertisch zum Stöbern und Gelegenheit zum Austausch und ausgiebigem Plaudern.

Montag, 10. März
Ein eintägiges Schreib-Reatreat bei mir im Haus und Garten. Zu dritt bilden wir unsere bewährte Tridem-Schreibgruppe. Meine Kollegin hat einen zum strahlenden Frühlingswetter passenden Schreibimpuls mitgebracht. „Was will bei meinem Schreibprojekt gerade wachsen und austreiben“? Wir schreiben und arbeiten an unseren Projekten weiter. Anschließend tauschen wir uns über unsere Ideen und Vorhaben aus, Feedbacken und Brainstormen. Diese Form von einem Denken zu dritt bewährt sich einmal mehr, bringt uns vorwärts und erweitert den Horizont.
Dienstag, 11. März
Sich am Anfang schon um das Ende kümmern. Schon vor ein paar Monaten habe ich für mein Buchprojekt ein vorläufiges Ende geschrieben. Plötzlich war eine Idee da und ich habe einfach drauflos geschrieben. Manchmal geschieht das Schreiben fast automatisch, ohne nachzudenken. Die Worte fließen, bilden Sätze. Geschichten tauchen auf und wollen geschrieben werden. Am Sonntag wollte ich von meinen Schreibkolleginnen erfahren, ob mein Geschriebenes nachvollziehbar und schlüssig ist. Mit der Hilfe ihres Feedbacks habe ich gestern Verbindungen gebaut und Brücken errichtet. Den Text in einen chronologischen Ablauf gebracht.
Mittwoch, 12. März
Schon den ganzen Herbst und Winter warte ich auf einen Operationstermin. Auch mein rechtes Knie braucht ein neues Gelenk. Nun ist es nicht so, dass ich diese Operation herbeisehne, doch beim Gehen spüre ich immer wieder die Notwendigkeit. Gestern habe ich im Krankenhaus angerufen und nachgefragt. Die organisierende Person hat mir erzählt, dass im März, April die Hüftnekrosen dran seien und dass sie sich, falls jemand ausfallen würde, melden würde. Also ist auf meiner Seite noch ein wenig Geduld gefragt.

Donnerstag, 13. März
Über dem Küchentisch thront ein gelb leuchtendes Forsythien-Gestrüpp. Draußen Regenrauschen. Ich mache einen Schritt vor die Haustür und höre, wie der Vorgarten aufatmet. Er saugt den Regen förmlich in sich ein. In den letzten Tagen habe ich innerlich gebetet, dass die Wetterprognosen ausnahmsweise stimmen. Jetzt ist der Regen da. Auch in den hinteren Garten kommt Bewegung. Die Forsythien zeigen Farbe. Bald werden sie mit ihren gelb leuchtenden Strahle-Ästen der Sonne Konkurrenz machen.
Freitag, 14. März
Am Nachmittag nutze ich die lange Regenpause für eine Einkaufsrunde. Der Himmel zeigt sich in einer eigenartigen Stimmung. Düstere Wolken und ein hell glänzendes Licht. Ich setze mich auf die Bank direkt beim Schlossteich. Wie ich dort sitze und schaue, realisiere ich, warum dieser Platz so selten frei ist. Hier gibt es eine einzigartig schöne Sicht auf Schloss und Kirche. Auf dem Wasser spiegelnd, wird die Landschaft verdoppelt. Es ist der beste Platz, um Himmel, Wasser und wechselnde Wetterlagen zu genießen.

Samstag, 15. März
Der Regen wirkt, wie, wenn plötzlich ein Licht angeknipst würde. Die Farben intensivieren sich. Das Grüne und Rote der noch nackten Äste vom Hartriegel beginnt zu strahlen. Die Trauerweide schimmert hellgrün. Im Vorgarten wird bald explosives passieren. Blüten und Blätter, noch umhüllt von Knospen, werden aufbrechen und ihre bunte Pracht in den Frühling hinein entfalten.