Weinviertel – Berlin
Es ist Montagabend. Kerstin Salvador, erzählt mir von ihrer Idee für eine neue Blogparade. Seit über drei Jahren sehen wir uns einmal pro Woche – eine Stunde via Zoom, Woche für Woche, zuverlässig. Kennengelernt haben wir einander durchs Bloggen. Was mit einem digitalen Austausch begann, ist längst eine tiefe, bereichernde Freundschaft geworden. Berlin und das Weinviertel sind dabei näher zusammengerückt – manchmal sogar mit Rollentausch: Kerstin wurde bei mir zur Hühnerflüsterin, ich bei ihr zur Flaneurin durch die Berliner Straßen.
Als sie mir von ihrem neuen Thema erzählt, fühle ich mich sofort angesprochen. „Wohin hat dich dein Schreiben geführt?“ – Die Antwort beginnt sich wie von selbst zu formen. Seit wir einander begegnet sind, ist mein Schreiben kontinuierlich gewachsen – und zu einem wesentlichen Teil meines Lebens geworden.

Raum für tägliches … und nächtliches
Es begann nach meiner ersten Knieoperation. Als mein Bewegungsradius im Außen kleiner wurde, weitete sich das Innen aus. Ich griff zum Stift, um das Brodelnde in Worte zu fassen – so entstand mein Nacht- und Tag-Buch. Der Name ist Programm: Beide Seiten – das Düstere wie das Helle – sollten darin ihren Platz finden. Seither schreibe ich morgens, gleich nach dem Aufwachen, über mein Erleben zwischen Dunkelheit und Licht. Im Schreiben erkenne ich die Kostbarkeit der kleinen Momente. Woche für Woche teile ich diese Texte auf meinem Blog – aktuell bin ich bei Beitrag Nummer 118.

Schreiben als Begegnungsort
Was mit meinem Nacht- und Tag-Buch begann, wurde schnell mehr als ein persönliches Schreibprojekt. Es entwickelte sich zu einem Ort der Begegnung, der Resonanz. Ich bekomme Mail-Nachrichten von meinen Leser*innen, Kommentare am Blog, – werde an überraschenden Orten auf mein Nacht- und Tag-Buch angesprochen.
Es öffnet mir die Tür zu anderen Schreiber*innen. Ich werde eingeladen, Teil der neu gegründeten Weinviertler Wort-Werkstatt zu werden. Dort tauschen sich Autor*innen aus der Region aus und treten mit Lese-Veranstaltungen an die Öffentlichkeit.
Auch meine Enkelinnen lesen wöchentlich meine Alltagsgeschichten, meine Schwester in Japan, der in der Schweiz lebende Teil meiner Familie, ehemalige Schülerinnen, Schulfreundinnen, Nachbarn, Teilnehmerinnen meiner Naturgestaltungs-Kurse, Menschen in deren Wohnung eines meiner Kunstwerke hängt. – Mein Schreiben hält die Verbindung – über Grenzen hinweg.
Autorin werden
Als die zweite und dritte Knie-OP anstehen, entscheide ich mich, das Schreiben zu meiner Haupttätigkeit zu machen. Zwar fällt es mir schwer, meine Kurse und Ausstellungen aufzugeben, aber ich bleibe Künstlerin. Von da an drücke ich mich über mein Schreiben aus. Es geht darum, mich von den gesundheitlichen Einschränkungen nicht stoppen zu lassen. Schreiben geht immer, auch im Bett. Auch die Themen bleiben sich gleich. Es geht um Pflanzen, um die Natur und unsere Verbindung mit ihr. Um die Momente der Begegnung und was sie in uns auslösen. Es geht darum, was passiert, wenn wir uns nicht nur als einen Teil der Natur sehen, sondern uns unseres Natur-Seins bewusst werden.

Schreiben als Handwerk
Gute Texte entstehen nicht im luftleeren Raum. Sie wachsen aus dem Zusammenspiel von Inspiration und handwerklichem Können, aus der Auseinandersetzung mit Sprache, Form und Bedeutung. Deshalb habe ich mich entschieden, einen einjährigen Lehrgang beim writers studio in Wien zu besuchen. Schreiben begreife ich als einen schöpferischen, aber lernbaren Prozess – mit Werkzeugen, die man nutzen und mit der Zeit verfeinern kann. Im Austausch mit anderen Schreibenden finde ich Resonanz und Impulse, die mich auf meinem Weg weitertragen.

Mein Buchprojekt
Endlich finde ich den Mut, ein Projekt zu beginnen, das in mir gewartet hat – das Schreiben eines Buches. Es handelt von den feinen Verbindungen zwischen Mensch und Natur, von Identität und Zugehörigkeit, von Familie, Herkunft und den Spuren, die sie hinterlässt. Es geht darum, wie wir von der Natur lernen können – und darum, wie mein eigener Weg zur Künstlerin mich zurück zu diesem Ursprung geführt hat.
Der Arbeitstitel meines Buches ist:
Rosa und Reynoutria – ein Neophytenroman
Kurzbeschreibung:
Rosa und Reynoutria – Menschenkind und Pflanzenwesen. Eine erste Begegnung in den Schweizer Bergen, dann in England, China, Österreich, Japan und vielerorts. Sie sind Reisende durch Raum und Zeit, überall und nirgends zu Hause. Wesensverwandte, die aus dem Potenzial des Anderssein schöpfen und einander, als zwei mutig Forschende und Pionierinnen durchs Leben begleiten.
Warum schreibe ich dieses Buch?
Hinter meiner Tätigkeit als Autorin, Künstlerin und Naturvermittlerin steht Leidenschaft, Berufung, die Liebe zum Tun und langjähriges intensives Forschen und Lernen. Die Natur ist eine treue Lehrmeisterin und über die Jahre ist sie mehr und mehr zu meinem großen Vorbild geworden. Manchmal zart und dann wieder mit unerbittlicher Strenge zeigt sie uns, dass alles mit allem verbunden ist. Vieles davon ist unsichtbar und schwer zu begreifen. Auch wir Menschen sind Natur, oft vergessen wir das. Wir lernen permanent von ihr, sei das bewusst oder unbewusst.
Ich möchte die Dimensionen der Natur auf eine neue Art sichtbar machen. Mit meinem Schreiben möchte ich berühren und den Wunsch nach Zwiesprache mit der Natur und den Pflanzen auslösen. Den Lesenden meines Buches möchte ich einen vertiefenden Blick auf die Kostbarkeit der Natur und des Menschseins ermöglichen.
Geschichten trösten, begleiten und erhellen das Leben. Würde ich alle Bücher, die ich je gelesen habe, in Regale einsortieren, so wären nicht nur die Wände meines Hauses gefüllt, sondern vermutlich auch die einiger Nachbarhäuser. Bücher sind ein Geschenk an die Lesenden. Sie lehren, das Leben aus anderen Blickwinkeln zu betrachten, lassen uns wachsen, mitfühlen und neue Wege entdecken.
Letztlich geht es darum, die Welt zu einem schöneren Ort zu machen.
Wer schreibt hier?
Ich bin Romy Pfyl.
Als Autorin und Bloggerin veröffentliche ich wöchentlich Alltagsmomente in meinem Nacht- und Tag-Buch. Neben Kurzgeschichten arbeite ich an einem Romanprojekt.
Meine Texte verbinden präzise Naturbeobachtungen mit persönlichen Reflexionen und erzeugen so einen eindringlichen, emotionalen Raum.
www.romy-pfyl.com
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Liebe Romy,
wie wunderbar, dass unser Schreiben uns zueinander geführt hat. Ohne das Bloggen hätten wir uns nie kennengelernt. Und das wäre wirklich schade. Mir ist unsere feine Freundschaft sehr wichtig geworden und unsere gegenseitigen Besuche unvergesslich. Schön, dass du unser Foto vom Treffen in Berlin verwendet hast. Seit ich dich kenne, verfolge ich mit großer Freude deine Fortschritte beim Schreiben – von Blogartikeln über Cyanotypie übers Nacht-und-Tag-Buch bis hin zu den Erlebnissen von Rosa und Reynoutria. Ich schätze deinen besonderen Schreibstil sehr und bin schon mächtig gespannt auf dein Buch.
Herzliche Grüße
Deine Kerstin
Danke für deine inspirierende Blogparadenidee liebe Kerstin. Darüber nachzudenken, wohin mich mein Schreiben geführt hat, wirkt wie ein Dünger.– Überall beginnen die Ideen zu sprießen. Der Prozess des Schreibens ist ein weites Feld. Es gäbe noch vieles zu berichten.
Schreiben macht so vieles möglich – und es entstehen wunderbare Begegnungen. Themen, die man selbst gar nicht im Fokus hatte, werden sichtbar. Deine profunde Kenntnis der Pflanzen und der Natur haben auch mich schon inspiriert, hin und wieder einen Versuch mit einer Topfpflanze zu wagen. Ich bin schon sehr gespannt auf dein Buch und freue mich sehr über unseren Austausch.
Liebe Uli
Es ist gerade unsere Unterschiedlichkeit, die unseren Austausch so wertvoll macht und unsere gemeinsame Lust am Schreiben.