Reparatur der Gegenwart

Romys Nacht- und Tag-Buch 95

Was gibt es Schöneres, als mit meiner Enkelin gemeinsam einen Adventkranz zu binden, denke ich. Dann schreibe ich über meine Woche und realisiere, dass Wohlgefühle auch bei Gelegenheiten, wo ich sie nicht erwarte, auftauchen können.


Sonntag, 24. November

In meiner Nase kitzelt es, dann ein befreiendes Niesen. Rund um uns der erfrischende Geruch von Weißtannenästen. Meine mittlere Enkelin hat sich gewünscht, mit mir gemeinsam einen Adventkranz zu binden. Wir haben uns einen Werktisch mitten in die Wohnwerkstatt gestellt, im Garten Efeuäste mit Beeren geschnitten und uns ans Werk gemacht. Ich bereite die Büschelchen vor und sie bindet mit Wickeldraht auf den Strohreifen. Die Kränze lassen wir schlicht, Kerzen und Grün. Zufrieden und stolz macht sich meine Enkelin mit ihrem Kranz auf den Heimweg.

Montag, 25. November

Ich treffe mich mit einer Schreibkollegin auf der Wiener Buchmesse. Zwanzig Minuten vor der Öffnungszeit und schon Kolonnen von wartenden MessebesucherInnen. Wir schlendern an den Ständen vorbei, unzählige Verlage, einer nach dem anderen. Wir lassen uns beeindrucken und sind ein wenig überfordert von der Fülle, die sich vor uns auftut. Als Anker in der Menge tauchen glücklicherweise immer wieder bekannte Buchcover auf. Wir reden über Gelesenes und über unsere Ideen, das eigene Schreibprojekt voranzubringen.

Dienstag, 26. November

„Reparatur der Zukunft? Das Einzige, was sich reparieren lässt, ist dieser Moment. Nur das. Er ist das Kostbarste. Vergiss das nicht“.
Mit diesem Gedanken bin ich aufgewacht. Noch tapsig im Morgendunkel in meine Wohnwerkstatt gewankt, um ihn in mein neues Büchlein hineinzuschreiben. Außen auf dem gepolsterten Umschlag zwei turtelnde Vögel, liebevollst mit bunten Wollfäden auf weißen Stoff gestickt. Innen Papiere aller Art, Landkartenstücke und Blumencollagen. Gestern habe ich es als Gastgeschenk bekommen, wunderbar gestaltet und selbstgemacht. Ein herzerwärmendes Gefühl, wenn ich es in den Händen halte.
Vor ein paar Tagen habe ich auf meine Kühlschranktür einen Spruch geschrieben. Wenn ich ihn mit dem vergleiche was ich gerade in mein neues Buch geschrieben habe, realisiere ich, dass da wohl etwas in meinem Unterbewussten weiter gearbeitet hat.

Mittwoch, 27. November

Der Trainer feuert mich an, bis an meine Grenzen zu gehen. Ein abendliches Krafttraining mit Begleitung. Langsame kontrollierte Bewegung, kurz anhalten, aushalten, zwei Sekunden, weiter machen, behutsame Langsamkeit, erstaunlich viel Kraft und noch einmal, das geht noch, gut gemacht. Ich komme ins Schwitzen und spüre meine Muskeln. Wie gut das tut. Weitermachen.
Die Osteoporose sei schlimmer geworden, sagte der Arzt. Abnehmende Knochendichte und die Gefahr von Brüchen. Starke Muskeln wirken schützend. Ich bin dankbar, bei meinem Training so gut begleitet zu werden.

Donnerstag, 28. November

Ich versenke mich in meine Lektüre: Deep Memoir. Wie finden wir das Universelle in unserer speziellen Geschichte, um eine Verbindung zu unseren Lesern herzustellen? Da geht es um Archetypen, universelle Muster in unserer Psyche und wie sie sich in den Geschichten ausdrücken. Sachbücher wie dieses sind für mich fesselnd wie ein guter Roman.
Viel Lesen und viel schreiben. Gegen Abend eine Runde übers Land. Mit den Walkingstöcken erreiche ich ein schnelleres Tempo und das Hinken wird weniger. Ich zische durch die Landschaft. Mein neues Kniegelenk macht, was es soll. Doch das noch nicht operierte Knie kommt schnell an seine Grenzen. Gegen Ende meiner Runde Schmerzen, manchmal will das Bein nicht halten, dann knicke ich ein. Einen kleinen Vorteil hat diese Misere. Sie macht mich motivierter für die anstehende Knie-Operation.

Freitag, 29. November

Der Arzt ist zufrieden und ich auch. Belastungs-EKG am Ergometer. Alles bestens, ich sei weit im grünen Bereich und man merke, dass ich trainiert sei, meint er. Nach den schlechten Osteoporose Nachrichten freut mich das. Mein Training trägt doch Früchte. Zwar nicht dort, wo ich es mir gewünscht hatte. Aber immerhin. Also lege ich noch eins drauf und gehe anschließend zum Krafttraining. Die Muckis freuen sich.

Samstag, 30. November

Jeden Tag so um die 1700 Wörter schreiben … Den ganzen November bin ich dran geblieben. Der Nanowrimo ist eine weltweite Challenge, in der Schreib-EnthusiastInnen versuchen im November mindestens 50’000 Wörter zu schreiben. Heuer habe ich das ausprobiert und geschafft. Gestern habe ich Wort 50’008 erreicht. Dieses Schreiben ohne Wenn und Aber, dieses Dranbleiben und Durchhalten haben mit gutgetan. Es war immer wieder überraschend, zu erleben, in welche Richtungen sich mein Schreiben bewegt und wie sich Türen in neue Räume auftun.

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