Was das Herz zum Klingen bringt

Drei Generationen
Spiegelbild mit drei Generationen

Romys Nacht- und Tag-Buch 49

Eine bewegte und bewegende Woche. Familienfeier, Zugfahren und wieder zu Hause ankommen. Die Erinnerungen an die vielen wunderbaren Begegnungen und Ereignisse klingen in mir nach.

Sonntag, 7. Januar

Beim ersten Blick aus dem Fenster, überraschendes Weiß. Die Gegend rund um meine Unterkunft bringt mich in meinen Gedanken öfters zurück in meine Kindheit. Der Schnee zaubert Weiches in die Landschaft und eine kindliche Freude in mein Herz. Gestern Mittag habe ich gemeinsam mit meiner Schwester einen köstlichen Mandarinen-Ingwer Tee getrunken. Ich genieße es sehr, endlich nach so vielen Jahren wieder zu Zeit haben, für einen intensiven Gedankenaustausch und ein persönliches Beisammensein. Wir sprechen über das Erinnern an biografische Ereignisse und über das Weitergeben dieser Gedanken im Erzählen und im Schreiben. Etwas, das meine Schwester in diesem Zusammenhang gesagt hat, ist mir in besonderer Erinnerung geblieben:

„Es geht immer um diesen einen, lebendigen Moment, der dein Herz zum Klingen bringt“

Diesen Satz möchte ich hüten, wie einen kostbaren Schatz. Er wird mich durch mein Schreibjahr begleiten.

Altes Schweizerhaus
Es geht immer um diesen einen, lebendigen Moment, der dein Herz zum Klingen bringt

Montag, 8. Januar

Gemeinsam mit Tochter und Enkelinnen bin ich unterwegs im Nachtzug zurück nach Wien. Eine unruhige Nacht für uns alle. Silhouettenhaft sehe ich dick-verschneite Bäume am Arlberg. Später wache ich auf, weil es nach verbranntem Gummi riecht. Wir stehen in einem Tunnel. Eine Schnellbremsung … der Zug hat kein Signal zum Weiterfahren. Dann endlich Weiterfahren und Schlafversuche. Mein Kopf ist voller Bilder von unserem Familienfest zum 95. Geburtstag meines Vaters. Ich bin bewegt, von den vielen glücklichen Momenten und Begegnungen. Dankbar, dass ich meinen Vater im Kreise der Familie erleben durfte. Besonders schön, die Momente mit seinen Urenkelinnen. Ich erinnere mich an den freudigen Glanz in seinen Augen.

Dienstag, 9. Januar

Wieder zu Hause. Als erstes begrüße ich meine Hühner. Sie laufen mir eifrig entgegen. Die Nachbarmädchen haben sie gut versorgt. Einfeuern und dann gleich ein Online-Treffen mit meiner biografischen Schreib- und Lesegruppe. Wir sprechen darüber, wie wichtig es ist, sich einen Raum für das kreative Tun zu schaffen. Ich möchte gerne meinen Wohnraum umstellen. Überlegungen, wie ich ihn neu gestalten könnte. Die Wände möchte ich frei halten. Das heißt ich hänge meine Bilder ab, um Platz zu schaffen, für ein Schreib-Projekt Mindmapping. Ich habe große Lust zu räumen und es mir gemütlich zu machen. Aber der Koffer liegt noch unausgepackt im Schlafzimmer. Ich habe starke Schmerzen im Fußgelenk meines rechten Beines. So wird mein Aktivitätsdrang ausgebremst.

Mittwoch, 10. Januar

Ich schlucke eine Schmerztablette, damit ich endlich meinen Koffer auspacken kann. Plötzlich fließen die Tränen. Mir einzugestehen, dass ich im Moment Schwierigkeiten habe den Haushalt zu meistern fällt mir schwer. Interessanterweise schäme ich mich dafür. Ein morgendliches Beratungsgespräch mit meiner Tochter. Ich entscheide mich dafür, mir für drei Stunden wöchentlich eine Haushaltshilfe zu nehmen. Ich mache eine Annonce beim Billa und in zwei regionalen Facebook-Gruppen. Bald schon melden sich Interessierte. Wenn ich weiß, was ich will, ist meistens schnell eine Lösung in Sicht. Am Nachmittag schreibe ich eine Wunschliste für die ersten drei Monate des Jahres. Jeder Wunsch trägt das Potenzial seiner Erfüllung in sich.

Donnerstag, 11. Januar

Die morgendliche Wintersonne scheint mir direkt ins Gesicht. Sonnenhungrig sauge ich jeden Strahl in mich auf. Ich fahre mit dem Zug nach Kornneuburg. Es ist kalt draußen. Minus zehn Grad hat es selten in dieser Gegend. Ich habe einen Termin in der Präanästhesie-Ambulanz im Krankenhaus. Dort werde ich durchgecheckt und ich habe ein Vorbereitungsgespräch mit dem Anästhesisten. Am 9. Februar werde ich zum zweiten Mal am linken Knie operiert. Beim Warten beobachte ich meine Umgebung. Überall wurlt es herum. Weiß gekleidete, meist junge Menschen tun hier, was zu tun ist. Sie sind freundlich und hilfsbereit. In mir wächst die Zuversicht und das Vertrauen, dass es diesmal gut gehen wird mit meinem Knie.

Die Sonne scheint ins Zugabteil
Unterwegs im morgendlichem Sonnenschein

Freitag, 12. Januar

Meine Nachbarin hat mir aus Teneriffa per Whatsapp eine Nachricht geschickt. Sie bittet mich nach ihren Hühnern zu schauen und ihnen Wasser zu bringen. Es ist so kalt, dass das Trinkwasser ständig einfriert. Das Tor zum Hühnergehege ist offen. Die Hühner können über zwei benachbarte Grundstücke unterwegs sein. Ich kann sie nirgends finden. Hoffentlich ist ihnen bei dieser Kälte nichts passiert. Auch meine Hühner sind momentan wieder munter unterwegs. Im Schnee sind sie tagelang nur in der Hütte gehockt. Am Nachmittag scheint die Sonne in ihr Gehege. Ich kann sie von der Küche aus beobachten. Ich liebe es, zuzuschauen, wie diese kleine Hühnergemeinschaft miteinander agiert. Vielleicht liegt schon ein wenig Frühling in der Luft, denke ich. Unterdessen sind zum Glück auch die Nachbarhühner wieder aufgetaucht.

Hühner
Ginger, Mareike und Pavina

Samstag, 13. Januar

Ich besuche in Wien den Einführungskurs für den neunmonatigen Schreiblehrgang, den ich für heuer gebucht habe. In den Schreibfluss kommen und die innere Kritikerin ausschalten, sind unsere ersten Themen. Wir lernen verschiedene Methoden kennen und kommen schon bald ins Schreiben. Der Kurs wird hybrid angeboten. Das heißt, einige der Teilnehmerinnen sind online dabei und einige vor Ort. Der Austausch unter den Teilnehmenden ist lebhaft und interessant. Es ist befruchtend, von anderen zu hören, wie sie das Schreiben angehen. Unterwegs im Zug nach Hause bin ich aufgewühlt. Ich merke, dass ich auf dem richtigen Weg bin und freue mich schon sehr, auf die neuen Herausforderungen.

5 Kommentare

  1. Ist das ein schönes Bild von deinen Hühnern! Toll eingefangen. Nun ist es nicht mehr lange hin bis zur erneuten Knie-OP. Diesmal wird alles gut! Und bald wirst du ohne Schmerzen gehen können. Es freut mich sehr, dass der erste Termin bei deinem Schreiblehrgang so positiv war und du spürst, dass du auf dem richtigen Weg bist. Ich bin so gespannt auf die schönen Texte, die du in diesem Jahr schreiben wirst.
    Alles Liebe
    Kerstin

  2. Was für eine lebendige Mit-Reise du wieder für mich erschaffst, liebe Romy🥰✨!
    „Es geht immer um diesen einen, lebendigen Moment, der dein Herz zum Klingen bringt“… so pur, so wahr, simpel und magisch..
    Das aufgeregte Vibrieren beim Erspüren, dass eine Entscheidung die richtige, der eingeschlagene Weg stimmig ist- was für ein wunderbares Gefühl!
    Ich wünsche dir viel Freude und Erfolg dabei und freue mich auf mehr!
    Alles Gute für dein Knie! Deine hübschen, kecken Hühner halten dich zwischendurch fit😉..
    Liebe Grüße
    Sabine

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