Eine rote Kostbarkeit

Granatapfelkerne

Romys Nacht- und Tag-Buch 37

Prunkvoll hängen sie an feinen Ästchen. Langsam werden sie jetzt rot. Sie sind wunderschön geformt. In ihrem Inneren eröffnet sich ein strahlender Glanz und ihre wahre Kostbarkeit. Saftig und in einem leuchtenden Rot zeigen sich ihre Kerne. Die Granatäpfel aus meinem Vorgarten schmecken köstlich.

Sonntag, 15. Oktober

Lesend unterwegs sein. Diesmal ein Trail durch die Wüsten Kaliforniens und die Wälder Oregons. Der große Trip von Cheryl Stayed. Den Film fand ich, (vor längerer Zeit), nicht besonders spannend, aber das Buch packt mich. Mich berührt die Sprache, der Klang und die nüchterne und etwas spröde Ehrlichkeit der Protagonistin. Von irgendwoher bekam ich einen Tipp für das Buch und ich habe es mir gleich als E-Book bei den Büchereien Wien reserviert. Vorgestern kam per Mail die Nachricht, dass ich das E-Book jetzt herunterladen könne. Was für ein gutes Timing. Mit dem Buch habe ich eine interessante und unterhaltsame Begleitung durch diese Tage.

Montag, 16. Oktober

Heute im Untergrund. Schon beim Aufwachen ist meine Stimmung im Keller. Zweifeln an allem und die Gedanken hin und her schieben. Es nützt nichts, es ist kein guter Zeitpunkt um nachzudenken. Also steige ich in den Untergrund, diesmal im wörtlichen Sinne. Das Kelleratelier braucht noch Bilder für die Tage der offenen Ateliers. Als die Bilder hängen, fällt mir ein, dass ich sie irgendwie beleuchten sollte. Ich werde mit dem Beamer eine Präsentation an die Wand projizieren. Also bleibt das Hauptlicht ausgeschaltet. Es sind unglaublich viele kleine Schritte nötig, bis alles so ausgestellt ist, wie ich es gerne haben möchte.

Paravent mit Steineichenblättern
Am Kellerfenster leuchtet der Paravent aus Seidenpapier mit den Steineichenblättern

Dienstag, 17. Oktober

Beim Aufwachen ist es noch stockdunkel. Heuer war der Wechsel vom strahlend heißen und warmen Sommer in die kalte und dunkle Jahreszeit ziemlich abrupt. Hier in meinem Schlafzimmer ist es um diese Zeit absolut ruhig. Ganz selten rauscht ein Auto vorbei. Gestern bin ich nach einem intensiven Arbeitstag sehr früh eingeschlafen. Am Nachmittag habe ich die Bilder für die Terrasse ausgesucht. Es ist spannend zu sehen, wie unterschiedlich die Cyanotypien an den verschiedenen Orten wirken. Auch das wechselnde Licht hat einen großen Einfluss. Ich bin immer wieder verblüfft, wenn ich ein altbekanntes Bild nach einer langen Zeit wieder sehe. Plötzlich nehme ich ganz andere und neue Aspekte wahr.
Im nachmittäglichen Licht bewegt sich die Pflanzenampel als Schattenbild auf dem Paravent. Sie bietet mir ein Kinoerlebnis der besonderen Art.

Schattenbild mit Pflanzen
Bewegte Pflanzenschatten

Mittwoch, 18. Oktober

Granatäpfel aus dem Vorgarten. Heuer gibt es eine reiche Ernte. Das neue Klima gefällt meiner afghanischen Granatapfelsorte. Unglaublich, was so ein heißer und trockener Vorgarten alles bieten kann. Den Granatapfel haben mir meine Schüler*innen zum Abschied geschenkt. Da war er noch ein kleines Sträuchlein. Jetzt hängt er voll mit diesen wunderschönen kugeligen Früchten. Wie ein herbstlicher Weihnachtsbaum schaut er aus. Von einer einzigen Frucht gewinne ich eine Schüssel voll mit glänzend roten, saftigen und köstlich schmeckenden Kernen. Ich genieße diese rote Herrlichkeit und stelle mir vor, wie sie mich von innen mit Gesundheit durchflutet.

Granatapfel
Groß, rot und saftig, ein frischer Granatapfel aus meinem Vorgarten

Donnerstag, 19. Oktober

Mein Gemüt ist schwankend. Die Herbststürme hinterlassen in meinem Inneren ihre Spuren. Ich fühle mich schwer und die Laune will und will nicht besser werden. So gehe ich durch diese Tage mit einem tapferen Herz. Wenn ich das Radio aufdrehe, prallen die Meldungen an meinem Ohr ab. Krieg in Israel. Ein Krankenhaus in Gaza, bombardiert, Verschleppungen und unermessliches Leid. Ich mache einen Spaziergang. Der Wind wirbelt bunte Blätter durch die Gegend und die Luft ist erstaunlich lau.

Freitag, 20. Oktober

Mit Staubsauger und Wischmopp durchs Häuschen flitzen. Bald ist alles fix fertig vorbereitet. An der Wand im Schlafzimmer lehnen die Bilder, die ich auf der Terrasse platzieren werde. Die Abendsonne hinterlässt einen Schatten und bringt sie gleichzeitig ins Leuchten. In der Nacht träume ich, dass ich die Tage der offenen Ateliers ganz woanders veranstalten muss. Ich bin zu in der Schweiz in meinem Elternhaus. Bald kommen die Besucher und nichts ist fertig vorbereitet. Fieberhaft versuche ich zu improvisieren. Ich realisiere, dass ich wesentliche Sachen ganz einfach vergessen habe. Die Eltern und Geschwister wissen nicht, dass sich gleich das ganze Haus sich mit Besuch füllen wird.

Cyanotypien in der Abendsonne
Cyanotypien in der Abendsonne

Samstag, 21. Oktober

Heute gehts los. Alles ist bereit. Ich bin schon sehr gespannt, wie es wird. Werden viele Besucher*innen kommen? Wird sich das eine und das andere Werk auf den Weg in ein neues Heim machen? Es würde mir Freude machen, etwas verkaufen zu können.
Draußen war es stürmisch heute Nacht. Das Plakat am Treppengeländer beim Eingang hat sich umgedreht. Der Föhn macht die Luft lau. Gestern bin ich hinten bei den Hühnern gesessen und habe ihnen beim Fressen zugeschaut. Die Luft fühlt sich angenehm an. Die Hitze ist endgültig vorbei. Auch die Kälte der letzten Tage. Nicht schwitzen und nicht frieren. Wie fein ist das.

6 Kommentare

  1. Oh, du kannst deine Granatäpfel schon ernten? Das freut mich sehr, dass du so eine gute Ernte hast und sie dir tatsächlich auch schmecken lässt. An die kostbaren Früchte vom letzten Jahr hast du dich nicht getraut und wolltest sie lieber trocknen und verwahren.
    Das Buch von Cheryl Stayed habe ich auch fiebernd in einem Rutsch gelesen. Hat mich sehr bewegt.
    Nun wünsche ich dir heute und morgen viele interessierte Besucher*innen, die sich gerne auch eine besondere Cyanotypie für ihr Heim mitnehmen und deine Arbeiten würdigen. Du hast alles sehr schön vorbereitet. Wäre gerne dabei – in Gedanken bin ich es!
    Alles Liebe
    Kerstin

    1. Danke Kerstin, eine erste Cyanotypie hat sich schon auf den Weg gemacht. Schade, dass du dich nicht kurz hierher beamen kannst. Sonst könnten wir gemeinsam einen dieser köstlichen Granatäpfel schmausen.

  2. Mir rinnt förmlich das Wasser im Mund zusammen, wenn ich lese und sehe, wie gut deine Granatäpfel gedeihen. Und ich spaziere mit dir durchs bunte Laub. Dieses stark spürbaren Auf und Abs gehören vermutlich noch zum Ausheilen dieses Virus, ich erinnere mich gut daran. Deine Cyanotypien sind ein Traum, sie passen einfach so gut zu deiner Freundschaft mit all den Pflanzen. komm gut durch den Ausstellungssonntag! Lisa

    1. Ja, das habe ich auch gedacht, dass diese Auf und Abs noch Nachwirkungen sind. Sie unter dem Aspekt der Heilung zu sehen, macht es innerlich leichter. Danke für deinen aufmunternden Kommentar liebe Lisa.

  3. Du bist eine Quelle der Inspiration, liebe Romy! 🙂
    Jetzt weiß ich, dass auch bei uns Granatäpfel wachsen.
    Das Buch habe ich mir auch gleich von den Büchereien Wien heruntergeladen. Ich hatte in letzter Zeit extrem viel „Pech“ mit Büchern; mir hat einfach nichts gefallen – und ich habe alles nach einigen Seiten wieder vom E-Book-Reader gelöscht. Ich möchte mich auch so gerne wieder einmal von einer Geschichte mitreißen lassen.
    Ich hoffe, du hattest ein wunderbares und erfolgreiches Ausstellungswochenende und freue mich, bald wieder von dir zu hören.
    LG – Uli

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