Der Kostbarkeit des Mensch-Seins auf der Spur

Seidenpapierobjekt mit Kranz
Das Symbol des Kreises als tägliche Begleitung, Seidenpapierobjekt (Auschnitt) © Romy Pfyl 2002

Das Zeichen Mensch

Wann beginnt das Mensch-Sein? Was macht es aus? Gibt es etwas, das signifikant für den Menschen ist? Was unterscheidet uns von den anderen Tieren? Gibt es etwas, das uns auszeichnet?
Ich entscheide mich dafür, als Erstes nach einem Zeichen für den Menschen zu forschen. Schon immer haben mich Zeichen und Symbole auf ihre spezielle Art fasziniert. Die Formen, Bewegungen und Zwischenräume, der ihnen innewohnende Ausdruck und ihre starke Wirkung. Sie verbinden uns auf subtile Weise mit den Urzeiten des Menschlichen.

Rune für Lebensbaum, Mensch
Könnte das ein passendes Zeichen für den Menschen sein?

Beim Stöbern durch meine zahlreichen Bücher zum Thema Zeichen und Symbole bin ich auf ein, wie ich finde, ziemlich gut passendes Zeichen gestoßen. Es entsteht, wenn eine männliche und eine weibliche Rune zusammengesetzt werden. Mir gefällt der Gedanke des Zusammenführens der Gegensätze, der Kombination von weiblich und männlich. Aber eigentlich beinhaltet dieses Zeichen noch viel mehr. Die Idee des gleichwertigen Verbunden-Seins, sowohl nach unten als auch nach oben, die Bewegung in sechs Richtungen, eine klare Mitte, ein Zentrum, das alles verbindet, die Offenheit in alle Richtungen …
Ursprünglich wird dieses Zeichen für den Lebensbaum verwendet. Aber ich finde, es könnte auch ein wunderbar passendes Zeichen für den Menschen sein. Der Mensch als Baum des Lebens.

Doppelspirale
„Doppelspirale“, © Romy Pfyl 2023

Wofür ich stehe, meine Zeichen und Symbole

Mein persönliches Zeichen verwende ich schon, seitdem ich fünfzehn Jahre alt bin. Eines Tages habe ich begonnen, damit zu signieren. Es ist eine waagrecht gezeichnete Doppelspirale. Sie kündet von der Kraft des ewigen Werdens und Vergehens in der Natur, den Jahreszeiten und im menschlichen Leben.
Ein weiteres Zeichen, Symbol, das mir persönlich viel bedeutet, ist der Kranz der Kreis, auch Corona genannt. In meinen künstlerischen Arbeiten begleitet er mich permanent. Er symbolisiert den ewigen Kreislauf ohne Anfang und ohne Ende.

Woher kommen wir?

Was ist der Anfang? Gibt es überhaupt einen Anfang? Wann hat das Mensch-Sein begonnen? Die Bilder und Vorstellungen in unseren Köpfen sind vielfältig. Oft stellen wir uns einen primitiven Anfang vor und dann eine stete Weiterentwicklung in Richtung einer permanenten Verbesserung.
Die Entdeckung der Bilder in den Höhlen von Lascaux welche vor zirka 35’000 Jahren gemalt wurden, bringen diese Vorstellungen ins Wanken. Staunend betrachten wir diese unfassbaren, überirdisch schönen Kunstwerke. Fragen über das Wer, Wie, und Warum lassen uns ratlos zurück und auch die wildesten Spekulationen helfen nicht weiter. Tatsache ist, da war jemand mit großer Kunstfertigkeit am Werk und hat Gesehenes und Erlebtes in eine meisterliche Form verwandelt. Da steht der Wunsch dahinter, Erfahrenem eine Gestalt zu geben und Andere daran, teilhaben zu lassen.

Höhlenmalerei mit Tieren und Menschen
Wann haben Menschen damit begonnen, Kunstwerke zu schaffen?

Von Rehen und Menschen …

Als Kind war für mich das Reh der Inbegriff der Schönheit schlechthin. Menschen sind im Vergleich dazu komisch geformt, dachte ich. Allein schon, dass sie sich vertikal aufgerichtet im Raum bewegen! Die Haut hat eine seltsame Farbe, weder rosa noch braun. Sie sind überall nackt, sogar im Gesicht und ganz oben haben sie meistens so ein komisches Haarbüschel. Im Vergleich zum Reh sind sie, plump, roh, blass und fade. Das war meine Meinung zu diesem Thema.
Als Kind habe ich ein paar Mal versucht, meine Liebe zum Reh zeichnerisch auszudrücken. Einfach war es nicht, dieses Spezielle, Beeindruckende und Wundervolle des Reh-Wesens aufs Papier zu bringen.

Die Höhle der vergessenen Träume

Was zeichnet uns Menschen aus und was unterscheidet uns von einem Tier?
Vor einiger Zeit habe ich mir den Film von Werner Herzog über die Tiermalereien in der Chauvet-Höhle angeschaut. Die Lebendigkeit und der Ausdruck der dort dargestellten Tiere haben mich nachhaltig beeindruckt. Unglaublich, was unsere Ahn*innen in der Frühzeit der Menschheit erschaffen haben. Ich denke, diese Kunst ist aus einer ähnlichen Motivation entstanden wie meine Reh-Zeichnungen. Aus der Beobachtung, dem Erfahren und Erleben der Eigenheit dieser Tiere und aus dem Wunsch dieser Schönheit Ausdruck zu verleihen. Was uns Menschen vom Tier unterscheidet, ist die Fähigkeit des kreativen Denkens, der Imagination und die Kunst, das Gesehene darzustellen. Der Mensch hat die Möglichkeit, Erfindungen zu machen und damit die Welt zu verändern.

Der Liebe Ausdruck verleihen

Neben den Rehen galt die große Liebe meiner Kindheit den Blumen. Natur und Kreativität stehen auch heute noch im Zentrum meines Interesses. Das Wesen der Pflanzen, ihr Dasein, ihre Form der Kommunikation und des Miteinanders faszinieren mich zutiefst. Sie erwecken in mir den Wunsch, dieser Liebe Ausdruck zu verleihen, und andere Menschen an diesem Erleben Anteil haben zu lassen. Ich möchte eine Vermittlerin zwischen der Natur und den Menschen sein. Um diese Themen kreisen meine darstellenden Versuche und mein Schreiben. Von der Natur können wir Vieles lernen. Vor allem beeindruckt mich ihre Freigebigkeit und der natürliche Reichtum. Sie könnte uns dabei helfen, das menschliche Mangeldenken zu überwinden.

Sitzendes Kleinkind im Garten
Meine zweite große Liebe, die Blumen

Das Denken formt unsere Realität

Ist der Mensch im Materialismus verhaftet, fragt er nicht nach dem Sinn, sondern nach dem Nutzen. So entwickelte sich die Theorie, dass diese wunderbaren Höhlenbilder gemalt wurden, um die Tiere besser jagen zu können. Die Entwicklung, die Evolution wird einzig durch die Brille des Konkurrenzkampfes betrachtet. Den Materialismus empfinde ich wie eine Seuche, als etwas Unnatürliches, das den Blick der Menschen nachhaltig und folgenreich trübt. Die Gier nach mehr und weiter nimmt komische Formen an. Im jetzigen Moment wird die Absurdität dieses Denkens auf drastische Art sichtbar. Sie mündet in die täglichen Schreckensmeldungen über den Zustand unserer Welt.
Die Künstler*innen von Lascaux haben uns auf beeindruckende Art gezeigt, zu welch unglaublich kreativen Leistungen Menschen fähig sind.
Ich wünsche mir aus tiefstem Herzen, dass wir Menschen einen Weg finden, unsere Kreativität und unseren Erfindergeist zum Wohle aller einzusetzen. In uns wohnt die Liebe, zu den Menschen, zu unserer Umgebung und zu den Tieren und Pflanzen. Wenn wir uns auf die Möglichkeiten besinnen, dieser Liebe Form zu geben und Ausdruck zu verleihen, finden wir den Weg in eine bessere Zukunft. Davon bin ich überzeugt.

2 Kommentare

  1. Liebe Romy,
    tief eingetaucht…grad vorhin..war ich in Rüdiger Dahlkes Online-Vortrag „Schattenprinzip“ inklusive Meditation…es ging auch um den Zauber des Anfangs…um Polarität und Resonanz…
    und all das im Bewusstsein tragend bin ich nun weitergetaucht…in deinen Text…deine Gedanken und Bilder…und bin mitgeschwungen und habe innerlich zugestimmt…
    Ein ganz spannender Zufall zum Thema Reh hat sich heute zugetragen.
    Mein Mann hatte eine Begegnung mit dem „Handy-Man“, wie wir ihn heimlich nennen, da er auf unserer Wildkamera zufällig beim Vorbeispazieren an unserem Wildschutzzaun- immer seinem Handy zugewandt- auf kurzen Filmsequenzen auftaucht.
    Wir haben den Zaun errichtet, damit die Rehe nicht alle unsere Neupflanzungen als Buffet betrachten und verspeisen ;-).
    Jedenfalls hat er meinem Mann berichtet, dass er das Tor über Nacht geöffnet hat, da ein Reh drinnen „geschrien“ hat.. :-o!
    Wie das Tier da hineingekommen sein soll, ist uns ein Rätsel..
    Dachs, Fuchs und Hasen haben in den vergangenen Wochen schon Besuche abgestattet, aber die sind klein genug, sich irgendwo unten durch ein Lückchen zu zwängen.
    Jedenfalls fand ich den „Zufall“ zum Thema Reh nun gerade sehr spannend… Ich werd mal im schematischen Bereich nachspüren/-lesen…;-).

    Ich wünsche mir auch, dass die Liebe und menschliche Kreativität den Weg zum Wohle aller Wesen auf unserem Planeten offenbaren wird.

    Alles Liebe
    Sabine

    1. Liebe Sabine,
      Da hast du ja einen Garten voller Tiere. Mit Rehen im Nutzgarten ist das nicht so einfach … Ich wünsche dir viele schöne Tier-Begegnungen und alles Liebe Romy

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