Altvertrautes und Ungewohntes

Randen und Karotten

Romys Nacht- und Tag-Buch 48

Ruhige Regentage und eine Überfülle von Begegnungen und Eindrücken. Altvertrautes und Ungewohntes bieten mir abwechslungsreiche Tage. Die täglichen Spaziergänge tun nicht nur meinen Knien gut. Ich brauche sie auch, um mich wieder in meiner Mitte zu finden.

Sonntag, 31. Dezember

Der letzte Tag des Jahres beschert uns Regenwetter. Ein guter Grund, um es sich zu Hause gemütlich zu machen und einen Faulenzer-Tag einzuschalten. An der Wand neben dem Bett meiner Enkelin entdecke ich den von ihr gebastelten Peppa pig. Ihr lustiges Schweinderl begleitet mich gutgelaunt in diesen Regentag hinein. Ich erküre es zu meiner ganz persönlichen Glücksbringerin für die Reise in das Neue Jahr hinein. Was es wohl bringen wird? Wie gut, dass wir nicht voraussehen können. Schritt für Schritt lässt sich sowohl das Glück als auch Schwieriges leichter meistern.

Pepa pic
Peppa pig

Montag, 1. Januar

Der Weißenstein ist oben vom Schnee weiß angezuckert. Es ist aber erstaunlich warm, als ich auf den Balkon hinaus trete, um den ersten Morgen des neuen Jahres zu begrüßen. Gerade denke ich an meine Schwester in Japan. Das neue Jahr wird dort am Morgen des ersten Januars bei Sonnenaufgang am Meer begrüßt. Ihre Erzählungen von dieser Tradition haben mich stets fasziniert. Wie bei allen Festlichkeiten kommen dabei die wunderschönsten Kimonos zum Einsatz. Der Benachrichtigungston vom Handy holt meine Gedanken in die Gegenwart zurück.
Eine Nachricht von meiner Schwester. In Japan hat es ein starkes Erdbeben gegeben, mit Tsunami-Warnung an der Nordwestküste. Meine Schwester lebt in der Nähe der Ostküste. Auch bei ihnen war ein stärkeres Erdbeben spürbar. Ich bin gespannt, ob sie ihre Reise in die Schweiz morgen trotzdem antreten kann.

Dienstag, 2. Januar

Nach einem trüben Tag lockt mich die freundlich einladende Abendsonne hinaus. Ich gehe schnell, um noch die letzten Sonnenstrahlen zu erhaschen. Grün, rot und weiß leuchtet mir auf einem Kiesplatz eine mit Tannenästen gelegte Spirale entgegen. Die Ränder sind mit roten und weißen Kerzen begrenzt. Ich lese, dass dies eine Lichtspirale ist. In ihrer Mitte befindet sich eine Laterne. Es geht darum, das Alte zu verabschieden und das Neue zu begrüßen. Auf dem Weg hinein verabschiede ich das 2023er Jahr. In der Mitte drehe ich mich um in die andere Richtung und begrüße das neue Jahr. Das Hinausgehen fühlt sich befreiend und leicht an.

Spirale
Lichtspirale

Mittwoch, 3. Januar

Berge von Knoblauch klein schneiden. Ingwer, Zwiebeln, Kartoffeln und Sellerie, heute wird indisch gekocht. Samosa, Dal, ein Hühnercurry und Hummus. Am Nachmittag ein Spaziergang im Regen an der Aare unter einem endlos trüben Himmel. Immer wieder begegne ich abgeschälten und angenagten Baumstämmen. Ob da wohl ein Biber am Werk war? Unterdessen gehen Sohn, Schwiegertochter und Enkelin schwimmen. Weil ich keine Badesachen dabei habe, erledige ich mein Bewegungsprogramm gehend. Das indische Essen am Abend trifft auf Begeisterung. Es wärmt von innen. Genau das Richtige, um einen trüben Wintertag zum Glänzen zu bringen.

Donnerstag, 4. Januar

So viele Eindrücke an einem einzigen Tag, eine Überfülle von bemerkenswerten Momenten. Abschied von Solothurn, ein glucksender Morgenkuschel von Enkelin und Schwiegertochter im Familienbett. Mein Sohn, wie er meinen überschweren Koffer locker über die Treppenstufen hinunter hievt. Am Bahnhof Schwyz werde ich vom Mann meiner Zimmervermieterin abgeholt. Ein unverkennbares Schmunzeln begrüßt mich. Es ist mein Cousin Werner, den ich seit mehr als 40 Jahren nicht mehr gesehen habe. Spazierend unterwegs, mit meinem Vater, begegne ich einer Kollegin aus Berufsschulzeiten. Sie ist unterdessen schon elffache Großmutter und wir unterhalten uns, wie wenn unterdessen überhaupt keine Zeit verflossen wäre.

Freitag, 5. Januar

„Bed and breakfast“ im Mythenzimmer. Ein Frühstück der Extraklasse erwartet mich. Unzählige urschweizerische Geschmackserlebnisse geben sich hier ihr Stelldichein. Dörre Birnenschnitze und Walnüsse, Löwenzahnhonig, Ovomaltine, Süßmost und Heidelbeerkonfitüre wecken Erinnerungen an die Kulinarik meiner Kindheit. Vor allem das Morschacher Lebchüchli, das gestern zur Begrüßung auf meinem Bett lag, war wie ein Zurückbeamen in eine vergangene Zeit.
Meine Schwester ist glücklich in der Schweiz gelandet. Heute machen wir einen Ausflug nach Küsnacht. Gemeinsam mit Bruder und Vater besuchen wir meine Schwägerin, die dort das Altersheim leitet.

Frühstück im Mythenzimmer
Frühstück im Mythenzimmer

Samstag, 6. Januar

Nach dem Altersheimbesuch ein gemütliches Zusammensitzen mit Bruder und Schwester bei Haustee und Bier im Mythenzimmer. Morgen ist das große Finale meiner Schweizerreise. Wir feiern den 95. Geburtstag meines Vaters mit einem Familienfest. Ein paar organisatorische Sachen müssen noch besprochen werden. In dieser Konstellation waren wir drei Geschwister schon seit vielen Jahren nicht mehr zusammen. Es ist irgendwie altvertraut und trotzdem ungewohnt. Wenn das Wetter heute nicht allzu schlimme Kapriolen macht, fahren wir mit der Luftseilbahn auf die Rotenflue. Auch das ist ein Ort mit vielen Erinnerungen; Wanderungen, Familienausflüge und unendlich viele Tage im Schnee. Durch meinen Kopf laufen Bilder wie in einem Film aus alten Zeiten … Trainings, Skirennen, Schulausflüge und jugendliche Abenteuer.

4 Kommentare

    1. Danke liebe Uli, es war wunderschön für mich, gemeinsam mit meiner Familie in dieses neue Jahr zu starten.
      Möge es uns viele glücklichen Momente bescheren …

      Liebe Grüße
      Romy

    1. Liebe Lisa
      Danke für deine Schreibinspirationen und das Dranbleiben im vergangenen Jahr.
      Wie fein, dass wir im neuen Jahr mit unseren Schreibtreffs fortfahren.
      Ich bin auch schon gespannt darauf, was sich in diesem Jahr entwickeln wird.
      Alles Liebe
      Romy

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