Romys Nacht- und Tag-Buch 29
Türkisblaues Wasser und ein Strandbad der Extraklasse versöhnen mich ein wenig mit der ausdauernden Hitze. Beim Kraulen gibt es noch viel zu lernen.
Und, … in meinem Vorgarten entfalten sich imposante Samenstände.
Sonntag, 20. August
In meinem Vorgarten lasse ich manchmal auch Wildpflanzen wachsen. Eine Pusteblume schaut keck durch den schmiedeeisernen Zaun neben dem Treppenaufgang. Die Blüten des Wiesen-Bocksbarts haben sich zu imposanten Samenständen entwickelt. Oft werden sie mit dem Löwenzahn verwechselt. Sie sind aber viel weniger zart und deutlich robuster. Immer wieder begegne ich am Straßenrand beeindruckenden Exemplaren dieser Pflanzenspezies. Von weitem leuchten mir ihre sonnengelben Blüten entgegen. Im Frühjahr können die frischen Sprossen dieser Pflanze gegessen werden. In Butter gedämpft sind sie eine wahre Delikatesse.
Montag, 21. August
Ich nutze die noch kühle Morgenluft für eine Walkingrunde. Unterwegs bedaure ich es, keinen Rucksack dabei zu haben. Auf dem schattigen Weg dem Bach entlang gibt es wilde Zwetschken- und Apfel-Bäume. Die Früchte hängen auf Pflückhöhe. Sie sind vollreif und schmecken aromatisch. Leider kann ich sie nicht mitnehmen. Sie wären eine wunderbare Bereicherung für mein Morgenmüsli. Den Wallnussbäumen hat wohl der Frühlingsfrost zugesetzt. Heuer wird es eher wenige Nüsse geben. Zum Glück habe ich noch einen kleinen Vorrat vom letzten Jahr. Nach einem Sturm-Wetter haben damals meine Begleiterin und ich die Gunst der Stunde genutzt. Wir sind wir mit gut gefüllten Säcken nach Hause gekommen.
Dienstag, 22. August
Schwimmen im Gerasdorfer Badesee. Beim Kraulen werde ich jetzt ein wenig ausdauernder. Zu Hause schaue ich mir nochmals die Video-Aufzeichnungen mit der Armzug-Lektion mit meiner Schwimmtrainerin an. Zuerst muss mir der Bewegungsablauf im Kopf klar sein und dann kommt im Umsetzen auch das richtige Körpergefühl dazu. Ich schmunzle innerlich, wie ich mich da als eifrige Schülerin am Bildschirm sehe. Es braucht Ausdauer und Dranbleiben, um die Koordination der Bewegungen und des Atmens zu erlernen. Es wird Zeit, dass ich die Susanne wieder treffe. Unser nächstes Thema ist der Beinschlag. Da gibt es für mich noch vieles zu lernen.
Mittwoch, 23. August
Vom Backrohr her ein verheißungsvoller Duft. Der Ruckzuck ist bald fertig. Meine mittlere Enkelin und ich haben einen Badeausflug geplant. Der Ruckzuck ist ein Apfel-Sträuselkuchen. Als meine beiden größeren Enkelinnen noch regelmäßig bei mir gegessen und geschlafen haben, habe ich ihn beinahe wöchentlich gebacken. Er heißt Ruckzuck, weil er schnell und ohne großen Aufwand gemacht werden kann. Der Zimtduft löst Vorfreude aus. Ich denke an den ersten Bissen in den krümeligen und doch saftigen Kuchen.
Beglückte Ausrufe: „Oh ein Ruckzuck, Omama“, und dann vier strahlende Kinderaugen. Das war damals mein Lohn. Ich bin gespannt darauf, was meine jetzt schon große Enkelin dazu sagen wird, wenn ich den Ruckzuck auspacke.
Donnerstag, 24. August
In der prallen und superheißen Nachmittagssonne fahren wir mit dem Fahrrad zurück nach Kapellerfeld. Vorbei an Reis- und Sojafeldern wird mir klar, wie sehr der Klimawandel auch hier die Landwirtschaft verändert hat. Am Bahnsteig wartet schon der Zug zurück nach Wolkersdorf. Meine Enkelin bleibt mit ihrem Rad am Eingang vom Wagon stehen. „Schneller, schneller“, ruft sie. Ich renne leicht humpelnd und das Rad schiebend die Rampe hoch. Unten am Rampen-Eingang habe ich verpasst, rechtzeitig die Gänge herunterzuschalten. Meine Enkelin hat die Rampe fahrend geschafft. Wir deponieren unsere Räder im Wagon und lassen uns in die Sessel fallen. Schnaufen, Schwitzen und Wasser trinken. Mein Kopf glüht. Vor einer guten Stunde sind wir noch im türkisblauen Badesee geschwommen. Wir haben im Schatten unter dem Baum gelesen, die Ziesel beobachtet und uns den Ruckzuck schmecken lassen. Ich habe den Tag mit meiner Enkelin sehr genossen. Am schönsten war der Moment, an dem sie in meinem Rucksack den Ruckzuck entdeckt hat
Freitag, 25. August
Im Baumschatten geht ein leises Lüftchen. So ist dieser heiße Tag gut auszuhalten. Nicht nur das, es ist sogar ein ausgesprochen guter Tag. Ich verbringe ihn mit der Uli auf einer Insel an der alten Donau, im Strandbad Gänsehäufel. Um neun Uhr stehen schon ganze Familienclans mit Sack und Pack bereit, um hineingelassen zu werden. Sie kommen mit Ziehwagerln, Kinderwagen, Rollstuhl und sogar einen dieser modernen Leiterwagen habe ich gesehen. Drin im Bad suchen sie ihre Stammplätze auf und machen es sich gemütlich. Sie richten ihren Platz, fein säuberlich her, als Wohnraum für einen Tag. Ich komme ins Gespräch mit einer Nachbarin. Sie ist, wie so viele hier, eine Stammgästin. Schon seit 20 Jahren kommt sie regelmäßig ins Gänsehäufel.
Uli und ich fallen ein wenig auf. Es ist zu offensichtlich, dass wir Greenhörner sind. Wir platzieren uns auffällig ungünstig und wissen nicht, wie der Schatten sich bewegen wird. Auch ist unsere angeregte Unterhaltung ein wenig zu laut, worauf uns eine zweite Nachbarin höflich aufmerksam macht. „Die laute Stimme ist bei mir so etwas wie eine Familienkrankheit“, entschuldige ich mich. „Ja, eine laute Stimme habe ich auch“, meint die Nachbarin … Irgendwie geht es hier sehr familiär zu. Ob die Uli und ich wohl schon in den Clan der Gänsehäufler aufgenommen worden sind?
Samstag, 26. August
Gerade aufgewacht und noch ein wenig im nächtlichen Traum gefangen.
Zwei Hühner, die geschlachtet werden mussten. Sie werden sofort gegrillt. Beim Teilen des Fleisches das Gefühl eines mir vertrauten Hühnerkörpers. Das zweite Huhn bringe ich einer Freundin. Wir überlegen uns, wie das gegrillte Huhn aufbewahrt werden kann, ohne dass es Schaden nimmt. Sie übergibt mir 13 Kriegs-traumatisierte Kinder zur Betreuung für einen Tag. Ein Freund schaut vorbei und ich überzeuge ihn, uns mit seinem Auto in ein Museum zu führen. Es könnte aber zu großen Schwierigkeiten führen, falls wir von der Polizei aufgehalten würden. Das wird mir plötzlich klar. Also gehe ich mit ihnen auf eine Wanderung durch unwegsames, steiniges Gebiet. Ich habe große Mühe, die Kinder zusammenzuhalten. Immer wieder muss ich einzelne Kinder suchen. Ich mache mir große Sorgen. Doch dann denke ich, dass diese Kinder auf der Flucht in schon weit gefährlichen Situationen waren. Ein Bub hat damals seinen toten Bruder über eine weite Strecke getragen …
Das Traumerleben dieser Nacht hängt sich ein in mich und ich brauche Zeit um wach zu werden und meinen Platz im Tag einzunehmen.
Liebe Romy, jeden Samstag früh freue ich mich kurz nach dem Wachwerden schon auf eine neue Folge deines Nacht- und Tagbuchs. Heute gefällt sie mir besonders gut. Ich muss schmunzeln über die Fotos von eurem Online-Kraultraining. Super getroffen und dokumentiert! An den Gerasdorfer See mit den niedlichen Zieseln habe ich so schöne Erinnerungen. Wie toll, dass du mit deiner Enkelin samt Ruckzuck im Gepäck dort warst. Und eure anregende Unterhaltung im Gänsehäufel von Uli und dir habe ich sofort im Ohr. Ich musste sehr lachen, als ich von der Rüge über die Lautstärke las. Wäre gerne dabei gewesen. Danke für die lustige Morgenlektüre. You made my day!
Liebe Grüße
Kerstin
Ganz herzlichen Dank liebe Kerstin, Ich freue mich sehr, dass mein Nacht- und Tag-Buch für dich zum wöchentlichen Lesevergnügen geworden ist.